1. Startseite
  2. Meinung

AKW-Aus alternativlos: Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien

Erstellt:

Von: Joachim Wille

Kommentare

Nichts ist ewig: Auch das AKW Isar 2 in Bayern geht vom Netz.
Nichts ist ewig: Auch das AKW Isar 2 in Bayern geht vom Netz. © Christof Stache/afp

An diesem Samstag werden die letzten Meiler endlich abgeschaltet. Atomkraft ist zu teuer und zu riskant.

Berlin – „Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv.“ Das war der Schlachtruf, mit dem die ersten Anti-Atom-Aktivist:innen in den 1970er Jahren ihren damals aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die im Jahrzehnt zuvor eingeführte neue Energieform begannen. Die Brennpunkte waren Wyhl, der geplante AKW-Standort in Baden, und Gorleben in Niedersachsen, wo ein nationales „Nukleares Entsorgungszentrum“ samt Endlager entstehen sollte. Ein halbes Jahrhundert danach steigt Deutschland endgültig aus der Atomkraft aus. Die letzten drei AKW gehen vom Netz. Das ist, auch wenn Wirtschaftsverbände und in der Politik Union, FDP und AfD das Gegenteil behaupten, ein Anlass zur Freude.

AKW-Aus alternativlos – die Zukunft gilt Erneuerbaren Energien

Die Atomkraft war nie die Heilsbringerin, als die sie zu Beginn hochgejazzt wurde, erst in den USA, dann auch hierzulande. Nach den Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki hieß es: „Atoms for Peace“, so US-Präsident Eisenhower in seiner berühmten Rede vor den UN. Als Wiedergutmachung für die Atombomben-Abwürfe sollte die Welt mit zivilen „Uranmaschinen“ beglückt werden. Es hieß, Elektrizität würde so billig werden, dass es sich nicht mehr lohnen würde, Stromzähler laufen zu lassen. Diese und andere, noch viel groteskere Versprechungen wurden nie wahr. Der Anteil der Atomkraft am weltweiten Endenergie-Verbrauch beträgt zwei Prozent, ihre Endlagerfrage ist fast nirgends gelöst, und als Retterin des Weltklimas taugt sie auch nicht, weil viel zu teuer und langsam im Ausbau.

Die Anti-Atom-Bewegung, gerade in Deutschland, hat zwei große Verdienste. Sie hat das Trugbild des „Restrisikos“ entlarvt, mit der die AKW-Protagonisten den Bau der Reaktoren rechtfertigten. Und sie hat grob fahrlässige Fehlentscheidungen bei der Atommüll-Entsorgung aufgedeckt und verhindert. Dafür gebührt ihr höchstes Lob. Die Politik sollte es den Kämpen des Widerstands, die sich „x-tausendmal quer“ stellen mussten und darüber grauhaarig geworden sind, auch einmal ganz deutlich aussprechen.

Restrisiko bei Atomkraftwerken – sie können Katastrophen auslösen

AKW können Katastrophen auslösen. Das war schon zu Beginn des „Atomzeitalters“ bekannt. Kaum zu glauben, dass Politiker:innen Kraftwerke mit solch hohem Risikopotenzial als Lösung der Energieprobleme überhaupt in Betracht zogen und durchsetzten – hierzulande anfänglich sogar gegen den Widerstand der Stromkonzerne. Sie nahmen bewusst in Kauf, dass es zu einem „Super-GAU“ mit der Verseuchung großer Regionen und vielen Opfern kommen kann.

Die heute irrwitzig anmutende Lösung für dieses „Restrisiko“, das bei weitem nicht so klein war wie behauptet: Man baute die AKW etwas weiter weg, aufs Land, nicht in Großstädte. Und man schaffte Jodtabletten für den Katastrophenschutz an. Bei der Atom-Endlagerung gab es ähnlich unglaubliche Fehler und bewusste Täuschungen der Öffentlichkeit: das Abkippen von Müllfässern in das löcherige Asse II-Bergwerk, das nun abzusaufen droht, und die Auswahl des geologisch ungeeigneten Salzstocks Gorleben.

Ausstieg aus der Atomenergie: Heute wird kaum über katastrophale Vorfälle gesprochen

Heute, da der Ausstieg da ist, wird über diese Hintergründe kaum mehr gesprochen. Die Voll- und Beinahe-Atomkatastrophen von Windscale-Sellafield (1957), Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) sind zu Unrecht in der Erinnerung verblasst. Dabei hat es schwere Störfälle und gefährliche Fehlbedienungen nicht nur dort, sondern auch hierzulande in den 60 Jahren des AKW-Betriebs immer wieder gegeben, etwa in Gundremmingen, Biblis, Brunsbüttel.

Zu einem Super-GAU kam es zum Glück nie, dabei war er nie ausgeschlossen gewesen. Die Kanzler-Physikerin Angela Merkel (CDU) begriff das, sofort, als die Reaktoren in Fukushima explodierten. Sie revidierte den Ausstieg aus dem Ausstieg, den sie kurz vorher auf Druck der Stromkonzerne umgesetzt hatte. Sieben Reaktoren gingen sofort vom Netz. Für den Rest wurde ein neuer Abschaltplan beschlossen. Alle Parteien trugen das mit, voran die FDP unter ihrem damaligen Chef Guido Westerwelle.

AKW-Aus in Deutschland: Politiker widersprechen sich

Und nun? Wieder verkehrte Welt. Die beiden Parteien, die damals den Ausstieg 2.0 mit dem Argument Super-GAU-Risiko anführten, Union und FDP, fordern, ihn erneut zurückzunehmen oder die Reaktoren zumindest betriebsbereit zu halten. Diesmal dient die Energiekrise wegen Putins Ukraine-Krieg als Hauptargument, neben dem Klimaschutz durch die angeblich CO2-freien Reaktoren - was sie, wegen Uranabbau und -Verarbeitung, Abriss und Atom-Endlagerung nicht sind.

Schon ein Umstand sollte zu denken geben: Es sind genau jene politischen Kräfte, die nach 2010 den in Schwung gekommenen Ausbau der erneuerbaren Energien abwürgten und die fossile Abhängigkeit Deutschlands verlängerten. Ohne diese Verzögerung wäre Putins Drohpotenzial viel kleiner gewesen. Ihnen zu folgen, hieße, den ersten Fehler mit einem zweiten korrigieren zu wollen, der Wiederbelebung einer Risikotechnologie.

Nein, der Atomkraft gehört die Zukunft nicht, sondern den erneuerbaren Energien und der effizienteren Energienutzung. Deutschland tut gut daran, diesen Weg beschleunigt weiter zu beschreiten. Es kann damit ein Vorbild abgeben für jene andere EU-Länder, die ihr Heil weiter im Atom suchen. Und es dort nicht finden werden.

Auch interessant

Kommentare