AfD Hessen: Nationalistischer Roll-Back für die Macht des weißen Mannes

Die AfD in Hessen hat Änderungsanträge für den hessischen Haushalt 2020 formuliert. Und offenbart damit, wie sie die Gesellschaft umzukrempeln gedenkt. Ein Kommentar.
Eigentlich verwundert es nicht sonderlich. Wer den Protagonisten der AfD folgt, dürfte wissen, wie sie ticken, und was ihre politische Agenda prägt. Dies, obwohl sie sich oft in Schafspelze hüllen und Nebelkerzen werfen, die ihre Ziele in einen blau-braunen Nebel tauchen.
Daher muss man dankbar sein, wenn schwarz auf weiß einsehbar wird, wie die Rechtsaußen-Partei die Gesellschaft umzukrempeln gedenkt. Die AfD Hessen hat im Februar 2020 hierzu Zeugnis abgelegt, und die Grünen-Politikerin Katy Walther hat dies in den sozialen Netzwerken dokumentiert. Hintergrund ist der Gesetzentwurf der hessischen Landesregierung zum Haushalt 2020 und die diesbezüglichen Änderungsanträge der AfD, die sich lesen wie eine Komplettrasur sämtlicher, der gesellschaftlichen Integration zuträglicher Sozialprojekte.
Die AfD Hessen hält nicht viel von Inklusion - und von Integration auch nicht
Beispiel Themenkomplex Schule: Hier fordert die AfD eine „signifikante Einsparung“ im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung, in der inklusiven Beschulung sowie bei der Förderung kranker Schüler*innen. Wie ist das zu deuten? Passen sie nicht ins völkisch-germanische Eliteprogramm?
Diese Vorwürfe weist die Hessen AfD auf Facebook weit von sich. Von übler Hetze ist die Rede, man habe die Begründung der Änderungsvorschläge bewusst unterschlagen. Dort heißt es: „Pädagogisch begründete Inklusion wird von unserer Seite begrüßt. Die zu beobachtenden Inklusionsmaßnahmen der Landesregierung sind demgegenüber unsachgemäß und ideologiegetrieben. Die Förderung kranker Schüler im Sinne der Produktbeschreibung wird von der Kürzungsmaßnahme ausgenommen. Die hierdurch eingesparten Finanzmittel können zur Stärkung des bewährten Förderschulsystems zum Einsatz kommen.“
AfD Hessen hat auch Ganztagsschulen auf dem Kieker
Das meint wohl nichts anderes, als Programmen, die Kinder mit Behinderung auch innerschulisch am gesamtgesellschaftlichen Leben teilhaben lassen, die Gelder zu kürzen. Diese werden als „ideologiegetrieben“ abqualifiziert, doch ist es die AfD, die auf Kosten von Kindern und Eltern gegen die Inklusion agiert. Immerhin sieht sie Einsparungen von schlappen 135.440.000 Euro vor, das entspricht mehr als der Hälfte des gesamten Budgets. Dafür sollen Gelder für Förderschulen aufgestockt werden, die den Ansatz der Trennung zwischen Kindern mit und ohne Handicap weiter pflegen. Hier scheint es den Blau-Braunen weniger um eine Förderung aller Kinder zu gehen, als vielmehr um eine Auslese getreu eines reaktionären Elitegedankens.
Dazu passt, dass die AfD die Kosten für Schüler*innen mit Migrationshintergrund „reduzieren“ möchte – auf das ihr Berufsweg maximal an die Herkunft gekoppelt werde. Dass Schulen in freier Trägerschaft ebenfalls weniger Geld bekommen sollen, ist hier nur folgerichtig. Ganztagsschulen hat die AfD ebenfalls auf dem Kieker, klar, die sind ja integrativ dahingehend, dass alle Schüler*innen in einem Tageskonzept gleichermaßen unterstützt werden. Kann die AfD nicht wollen, zumal das berufstätigen Frauen zugutekommt. Die sollen aber eigentlich mit ihrem Nachwuchs zuhause sitzen und Socken bügeln, anstatt den deutschen Männern die Jobs wegzunehmen.
AfD Hessen räumt mit Fake News auf
Bäh sind natürlich auch Fördermittel für Religionsgemeinschaften oder die „politische Koordination, Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation in Europaangelegenheiten“, was zur Nationalstaatenfixiertheit der extremen Rechten passt. Die die Stabsstelle „Koordinierung Asyl- und Flüchtlingspolitik“ ebenso ersatzlos streichen will, wie die Mittel für die „Respekt- / Wertekampagne“ und das „Förderprodukt Antidiskriminierung“. Weiter soll die Beratung im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung gestrichen und die Förderung von Maßnahmen für Flüchtlingsintegration und Betreuung gekürzt werden, gleichsam die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dafür aber ist für Gerichtsvollzieher mehr Geld vorgesehen, auch sollen 120 neue Abschiebehaftplätze geschaffen werden.
Fehlen noch die Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren, die allesamt dicht machen können, geht es nach dem Willen der Hessen-AfD. Die räumt dankenswerterweise aber auch mit der Fake-News auf, die Blau-Braunen setzten sich für sozial Schwache ein. Ausgleichszahlungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Kompensation von sozialer Benachteiligung stehen ebenso auf der Streichliste, auf dass das Prekariat unter sich bleibe und bei Chips und Schnaps vorm Unterschichtenfernsehen vor sich hin lottere. Muss noch erwähnt werden, dass, ginge es nach der AfD, die Mittel für Elektromobilität und „innovative Mobilität“ gestrichen würden?
Fazit zur AfD Hessen
Bei der AfD greift wirklich wie geölt ein Rädchen ins andere, und die Konsequenz, mit der die Partei sämtliche gesellschaftspolitischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in die Tonne treten will, ist schon beeindruckend dreist. Alles, was die schwächeren Mitglieder der Gesellschaft stärken soll, scheint überflüssig oder weniger von Belang, gemäß eines Sozialdarwinismus, der Leben in wertvoll und weniger wertvoll einteilt.
Parallel stehen sämtliche Maßnahmen auf dem Index, die der Integration geflüchteter Menschen zuträglich scheinen. Das ist zum einen deshalb perfide, weil sie das Scheitern des Individuums in einer fremden Umgebung regelrecht provozieren. Zum anderen kommt die Verlogenheit der AfD zum Tragen, die am lautesten schreit, wenn es um eine angeblich fehlende Integration Nichtdeutscher geht, denen sie selbige aber gar nicht ermöglichen möchte.
Diese Änderungsanträge sind ein weiterer Beleg für den ausgrenzenden Charakter der AfD, die sich als demokratische Mitte behauptet. Deren politisches Programm aber einzig für einen nationalistischen Roll-Back steht, der nur daran interessiert ist, die Macht des weißen Mannes zu fundieren.
Von Katja Thorwarth
„Wenn getroffene Hunde bellen - AfD demaskiert sich selbst“ - Die hessische Grünen-Politikerin Katy Walther hat auf die Vorwürfe der Hessen AfD in einer Stellungnahme reagiert.