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Vorahnung der Umnachtung

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Von: Bernhard Uske

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Wuchtige Klangfülle, aber auch Redundanzen beim hr-Sinfoniekonzert in der Alten Oper.

Eine italienische Rahmung gab es für das Cellokonzert Robert Schumanns beim hr-Sinfoniekonzert in der Alten Oper. Zu Beginn Giacomo Puccinis „Preludio sinfonico: ein Anfängerstück des nachmaligen „Boheme“-Komponisten. Und zuletzt Ottorino Respighis „Fontane di Roma“ und „Pini di Roma“: zwei der sich historischer Urbanität widmenden Klang-Topografien des sich in den 10er und 20er Jahren auf der Höhe seines Schaffens befindlichen Musikers. Beider Komponisten Werke ist natürlich ein gefundenes Fressen für das hr-Sinfonieorchester, das an Farbreichtum, schwingender Fülle des Klangs und seiner Wucht alles bot. Das war auch Verdienst des Slowaken Juraj Valcuha, der GMD des Teatro San Carlo in Neapel und erster Gastdirigent des Konzerthausorchesters in Berlin ist.

Keine Gelöstheit

Bei Puccini waren gleich die großen, schön gezogenen Melodiebögen aufgefallen: eine gesteigerte Melodik, die fast alles dem Wagnerschen Tonfall, namentlich dem des „Lohengrin“, verdankt. Eines Gralsritters allerdings, der sich schon ein wenig eingerichtet hat in den Bezüglichkeiten einer schmelzenden Italianita. Solche Gelöstheit mochte sich im Schumann-Konzert nicht einstellen, wo Truls Mork brav und eher hypotonisch gegenüber den öfters leerlaufenden Aufschwüngen des schumannschen Romantik-Schematismus blieb. Auch das Dirigat war verhalten und aufsagend. Man konnte dabei allerdings auch den Eindruck gewinnen, hier einen gestalterischen Vorgriff auf die Redundanzen und Erschöpfungen zu erleben, die den Komponisten wenige Jahre nach der Fertigstellung des Werks in die geistige Umnachtung trieben.

Respighis Klangszenarien sind, in jeweils vier ineinander übergehenden Sätzen, Verlebendigungen berühmter Brunnen sowie Pinien-Orte und -Plätze der ewigen Stadt in ihren historischen Bedeutungen. Weniger plakative Illustration als vielmehr aus je einem zentralen Motiv entwickelter kinematophoner Prozess. Dank der vergleichsweise breiten Temposetzungen des Dirigenten entstanden dichte Klangräume, die das Publikum in der Art eines akustischen Situationismus erfassten.

Dass Schönheit auch in der in seiner Betroffenheit der Betrachtenden liegt, machte die zugegebene „Hymne 2001“ des ukrainische Komponisten Valentin Silvestrov deutlich. Säuerlicher Kitsch in streichergepolsterter Getragenheit, der sich, wie so vieles der Silvestrovschen Konfektion, für wohlfeile Solidarität im bequemen Konzertsaalsessel bestens eignet.

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