Zum Tod Raquel Welchs: Glamour in der Urzeit

Zum Tod von Hollywood-Star Raquel Welch.
Als Raquel Welch im Dezember 1979 den „Playboy“ schmückte, im Badeanzug, bewarb sie das Magazin als „die begehrenswerteste Frau des Jahrzehnts“. In der Tat lag der große Durchbruch der Schauspielerin bereits einige Jahre zurück. 1966 hatte das Dschungelabenteuer „Eine Million Jahre vor unserer Zeit“ sie über Nacht zum Star gemacht – auch wenn sie selbst für diesen Erfolg weniger ihre darstellerischen Leistungen als das Plakatmotiv verantwortlich machte. Noch heute kann man ihr ikonisches Ganzkörperfoto im Fell-Bikini als Fototapete kaufen. In der Geschichte des Pin-up rangiert es in seiner Bekanntheit gleich nach Marilyn Monroes Nacktfoto auf rotem Samt vom ersten „Playboy“ und Bo Dereks Wasser-Venus aus dem Film „10 – Die Traumfrau“.
Das Besondere an diesem Bild war freilich nicht allein ihr attraktiver Körper; es war die Dynamik, die Welch scheinbar in einem Moment des Innehaltens einfing. Was ihr Blick fixierte, waren nicht wir, sondern ein unbekanntes Ziel, auf das diese amazonenhafte Figur gleich zu jagen würde. Sexobjekte stellen sich anders dar.
„Sexsymbol“ war das häufigste Attribut, wenn von Raquel Welch die Rede war. Das Wort ist gehörig aus der Mode gekommen, und schon in den 70ern konnte man rätseln, was damit genau gemeint war. Jedenfalls konnte ich kaum glauben, dass man einen Film mit einem solchen Plakat in der Kindervorstellung unseres Vorortkinos sehen konnte. Die zwei Mark fünfzig Eintritt waren gut angelegt, wenn nicht allein für diese alles andere als vorsintflutliche Frauenfigur, dann für Ray Harryhausens Stop-Trick-Animationen der Urzeit-Tierwelt.
1940 als Tochter einer US-Amerikanerin und eines Bolivianers in Chicago geboren und in Kalifornien aufgewachsen, gewann Welch mit 14 einen Schönheitswettbewerb. Das verbindet sie mit Italiens Sophia Loren, mit der sie später oft verglichen wurde. Leider mangelte es nach ihrer Entdeckung durch einen Presseagenten, der ihr einen Filmvertrag verschaffte, an entsprechenden Rollen. Dabei ließ sich die dynamisch-selbstbewusste Ausstrahlung, die einen entscheidenden Anteil an ihrer Fotogenität hatte, bestens für die Leinwand nutzen.
Vor allem der Brite Richard Lester machte es sich zunutze, als er sie als Constance Bonacieux seinen „drei“ beziehungsweise, in der Fortsetzung, vier Musketieren zur Seite stellte. Für den ersten Teil erhielt sie einen Golden Globe, die bedeutendste Auszeichnung ihrer Filmkarriere.
Hollywood konnte weniger mit ihrer Mischung aus sportlicher Unschuld und Sex-Appeal anfangen. Ihren Vornamen fand man zudem zu „exotisch“, doch eine geplante Umbenennung in „Debbie Welch“ lehnte die Schauspielerin ab.
In der schrillen Gore-Vidal-Verfilmung „Myra Breckinridge – Mann oder Frau?“ spielte sie – an der Seite von Mae West und John Huston – eine Schauspielerin nach der Geschlechtsumwandlung. Schon im Jahr 1971 befremdete dieser unglückliche Blick auf Geschlechterrollen in der Glamour-Industrie – und bleibt doch eine Kuriosität, die man gesehen haben möchte. Der Spätwestern „Bandolero“ von 1973 platziert Welch neben den alternden Recken James Stewart und Dean Martin.
Da hatte sie zur Zeit ihres späten „Playboy“-Debüts mit 39 Jahren schon eher das Heft in der Hand: Ihr Image machte sie auch noch in den 80er Jahren zu einem Vorbild, das sie – wie auch Jane Fonda – in eine Serie überaus erfolgreicher Aerobic- und Fitnessvideos einbrachte.
Bis in ihre späten Jahre bewahrte sie ihr jugendlich-dynamisches Image, das schon 1979 den Autor ihrer „Playboy“-Story überfordert hatte. „Wie können wir auch nur versuchen, die Fotografien, die Sie offensichtlich gerade betrachten, in Worte zu fassen?“, fragt da Buck Henry, immerhin Drehbuchautor von „Die Reifeprüfung“ und „Catch-22“. Hilflos wählt er schließlich den Vergleich mit der Schönen Helena aus Homers „Ilias“. Raquel Welch selbst hatte eine entspanntere Erklärung für ihren dauerhaften Erfolg. „Wenn man gut aussieht, muss man eigentlich gar nicht schauspielern können.“
Nach kurzer Krankheit ist Raquel Welch jetzt 82-jährig in Los Angeles gestorben.