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Chinesische Truppen in die Ukraine? Bei „Anne Will“ ist jede Idee willkommen

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Von: Tina Waldeck

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TV-Talk bei Anne Will (ARD) am 5. März 2023.
TV-Talk bei Anne Will (ARD) am 5. März 2023. © Screenshot Das Erste

Ein Ende von Russlands Krieg gegen die Ukraine ist nicht absehbar. Sind Friedensverhandlungen mit Putin generell möglich?

Berlin – „Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln?“ Anne Will diskutierte in der ARD mit ihren Gästen über diesen Satz von Olaf Scholz und ob ein Frieden in der Ukraine auch mit Waffenlieferungen möglich sein kann. Mit dabei sind Kevin Kühnert (Generalsekretär der SPD), Christoph Heusgen (Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz), Ljudmyla Melnyk (ukrainische Wissenschaftlerin am Institut für europäische Politik), Jan van Aken (linker Referent in der Rosa-Luxemburg-Stiftung für internationale Krisen und Konflikte) sowie Annette Kurschus (Vorsitzende des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland).

Die Frage bei „Anne Will“: Was liefern wir aus?

Es wird erst rückblickend erkennbar sein, was Waffenlieferungen bringen, beginnt Kevin Kühnert. Das soll von ihm kein Appell für „ewig währende Waffenlieferungen“ sein, aber momentan hilft es der Ukraine souverän zu bleiben. Das sieht Ljudmyla Melnyk bei Anne Will genauso: Mit Unterstützung des Westens hat die Ukraine den Winter einigermaßen überstanden. Auf die Waffen zu verzichten hieße, dass Russland mehr Territorien einnehmen würde und die zivile Bevölkerung noch mehr leiden müsste. Sie ist Ukrainerin, ihre Familie und ihre Großmutter leben nach wie vor dort. Solidarität bedeutet, die Bedürfnisse „der Opfer zu verstehen“.

Christoph Heusgen war damals an den Verhandlungen zum Minsker-Abkommen 2015 beteiligt – ein Abkommen, das bereits nach wenigen Wochen von russischer Seite gebrochen wurde. Es fanden weiter Kämpfe statt und schwere Waffen wurden nicht wie abgesprochen abgezogen. Bei dem Weg, den Wladimir Putin da schon gegangen ist, musste irgendwann „diese Antwort kommen.“ Die Waffenlieferungen sind für Christoph Heusgen bei Anne Will „der einzige Weg, der zu Verhandlungen führen kann.“ Wladimir Putin, – „oder sein Nachfolger“, – wird erst dann für ernsthafte Gespräche bereit sein, wenn er „militärisch nicht zum Ziel“ kommt.

„Anne Will“ am 5. März 2023Die Gäste der Sendung
Kevin KühnertSPD-Generalsekretär
Jan van AkenDIE LINKE
Ljudmyla MelnykWissenschaftlerin am Institut für europäische Politik
Christoph HeusgenVorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz
Annette KurschusVorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Aber bis dahin vergehen vielleicht noch fünf oder zehn Jahre, regt sich Jan van Aken auf und macht keinen Hehl daraus, dass er dafür wäre, die Waffenlieferungen sofort einzustellen, denn diese verschärfen in seinen Augen nur immer weiter den Konflikt. Er würde gerne anstatt dessen schärfere Sanktionen gegen den Kreml und mehr Druck auf die russische Wirtschaft sehen. „Mit Gewalt kann man keinen Frieden herbeibringen“. Aber manchmal ist Gewalt angebracht, um Menschen zu schützen, erklärt Annette Kurschus vorsichtig. Es ist immer eine Entscheidung für etwas. In diesem Fall: für die Gewinnung von Zeit. Damit machen sie sich als Waffenlieferanten zwar schuldig, denn sie nehmen in Kauf, dass russische Soldaten sterben. Aber Russland nimmt auch in Kauf, dass ukrainische Zivilisten sterben.

„Die Wertigkeit des Wortes“ bei Anne Will

Trotzdem ist es wichtig, dass die Verhandlungen zu keinem Zeitpunkt ausgeschlossen werden, gibt sich Annette Kurschus bei Anne Will auch diplomatisch: Auch „innerhalb der Kirche laufen Gespräche.“ Aufeinander zuzugehen, geht auf vielen Ebenen. Die Rufe nach „diplomatischen Initiativen“ sind da, bringt sich auch Kevin Kühnert wieder ein und bestätigt: Es arbeiten viele Organisationen daran, Verhandlungen zu führen. Sei es beim Gefangenenaustausch, bei den Getreideabkommen oder mit der Dokumentation von Kriegsverbrechen.

Nur allein mit „Forderungen nach Frieden“ wird „niemand einen Tisch hinstellen“ und alle setzen sich sofort daran, – ironisiert Kevin Kühnert bei Anne Will das „Manifest für Frieden“ von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Viele relevante politische Gespräche haben nicht auf einer öffentlichen Bühne oder in den Medien stattgefunden, sondern auf einer vertraulichen politischen Ebene. Leicht wird das nicht werden, erklärt der SPD-Politiker: In der Verfassung der Ukraine ist das Staatsgebiet mit der Krim und allen besetzten Gebieten genau definiert, aber auch in der russischen Verfassung sind diese Gebiete seit den „gefakten Referenden“ mittlerweile verankert. Wie wollen die beiden Staatschefs nun darüber verhandeln? Die Behauptung, diese Gebiete „gehören ihnen“, das kann auf beiden Seiten nicht der Einstieg dafür sein.

Zur Sendung

„Mit der Waffe an der Schläfe“ – Sind Friedensverhandlungen mit Putin derzeit möglich? Anne Will im Ersten vom 5. März 2023. Die Sendung im Netz.

Da würde Jan van Aken gerne chinesische Blauhelme gegen russische Soldaten positionieren, um die ursprüngliche „Unverletzlichkeit der territorialen Grenzen“ wiederherzustellen. Doch dies wird von Kevin Kühnert gleich souverän infrage gestellt: Die deutsche Politik hat nicht darüber zu bestimmen, was chinesische Truppen oder generell andere Länder zu tun haben. „Die europäischen Probleme sind nicht die Probleme der Welt“, aber voneinander abhängig: Also nicht herumkommandieren oder sich einander die Schuld in die Schuhe schieben, sondern gemeinsam überlegen, wie neue Partnerschaften entstehen und für alle akzeptable Positionen gegen(über) Wladimir Putin gefunden werden können. (Tina Waldeck)

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