ZDF-Neo-Vierteiler „Deutscher“: Krampfhaft gewollte Serie über Rechtsruck in Deutschland

Ein aktuelles Thema, problematisch verhandelt: Die ZDF-Neo-Serie „Deutscher“ will den Rechtsruck der Gesellschaft ergründen – aber macht es sich zu einfach.
- ZDF Neo zeigt mit „Deutscher“ eine vierteilige Mini-Serie über den Rechtsruck in Deutschland.
- Die Erzählung beginnt, als eine fiktive Version der AfD die Bundestagswahl gewinnt.
- Doch „Deutscher“ entwickelt mit seiner Geschichte politisch kaum Relevanz.
Eine der politisch gefährlichsten Auswirkungen an der Corona-Pandemie ist das Vergessen von dem was vorher war. Nur einige Wochen vor dem Ausbruch hat es einen widerwärtigen rechtsradikalen Anschlag in Hanau* gegeben, noch einige Wochen davor gab es in Thüringen den Skandal um FDP-Mann Thomas Kemmerich*, der sich mit Stimmen der AfD kurzzeitig zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen.
Wer immer noch nicht sehen will, dass Deutschland seit Jahren einen Rechtsruck erlebt und sich einer realen Gefahr durch rechten Terror gegenübersieht, muss die Hände schon sehr fest vor die Augen pressen. Besser ist es da, Aufklärung zu betreiben, wie es beispielsweise die Kolleg*innen von der „Anstalt“ im ZDF* Ende Februar grandios vorgemacht haben, in dem sie ein von der TAZ aufgedecktes rechtes Terrornetzwerk klug veranschaulichten.
TV-Kritik zu ZDF-Neo-Serie „Deutscher“: Fiktive AfD gewinnt Bundestagswahl
Da diese Probleme aber nicht erst seit gestern bestehen, war es klar, dass auch der fiktionale Film- und Fernsehbereich bald diese Thematik in den Fokus rücken würde. Genug zu erzählen gibt es ja. ZDF-Neo zeigt nun „Deutscher“, eine vierteilige Mini-Serie, geschrieben von Stefan Rogall, inszeniert von Simon Ostermann und Sophie Linnenbaum.
Die Geschichte: Zwei Familien wohnen seit Jahren Einfamilienhaus an Einfamilienhaus, sie respektieren sich, die beiden Söhne sind gut befreundet. Die Erzählung beginnt, als eine fiktive Version der AfD die Bundestagswahl gewinnt. Die Nachbarn haben recht unterschiedliche Gefühle dabei. Plötzlich gibt es die Rechten und die Nicht-Rechten – und da beginnen die Probleme für die Familien, leider aber auch die Probleme dieser Serie.
TV-Kritik zu ZDF-Neo-Serie „Deutscher“: Rechtsruck omnipräsent
Das Thema politischer Rechtsruck ist so omnipräsent, dass es den Figuren, die in diesem Setting agieren sollen, überhaupt keine Luft zu atmen gibt. Das führt paradoxerweise dazu , dass „Deutscher“ politisch kaum Relevanz entwickelt. Denn die Serie will im Grunde nichts wissen, nichts ergründen, keine Fragen stellen oder provozieren. Sie drängt durch ihr strenges thematisches Korsett die Figuren konsequent in ihre Rollen und Haltungen.
Rund um den Brandanschlag auf einen türkisch geführten Burgerladen im Wohnort der Protagonisten entwickelt sich eine recht simple Whodunit-Geschichte, deren Auflösung weder überraschend noch sonderlich plausibel ist. „Deutscher“ hat keinerlei Sinn für Zwischentöne und kann somit die Komplexität, mit der sich die Gesellschaft beim Wiedererstarken der Rechten in den letzten Jahren auseinandersetzen muss, überhaupt nicht abbilden. Wenn die Neonazis und Rechtsextremisten so agieren würden wie in „Deutscher“ hätte man wohl nicht mit einem komplex vernetzten Gebilde menschenverachtender Ideologen zu tun, sondern mit einem Haufen dümmlicher und unorganisierter Verbrecher*innen.
TV-Kritik zu ZDF-Neo-Serie „Deutscher“: Fundamentale Probleme
Im Internet geistert in diesem Zusammenhang immer wieder ein angebliches Adorno-Zitat herum: „Ich fürchte nicht die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“ Unabhängig davon, ob es nun genau so von Adorno stammt, ist die Aussage beängstigend aktuell.
„Deutscher“, ZDF neo, ab Dienstag, 28.04.2020, 20:15 Uhr. Alle Folgen vorab in der Mediathek.
Es ist eben dieser Sachverhalt, den „Deutscher“ leider zu großen Teilen missversteht. Gegen dieses fundamentale Problem der Erzählung helfen auch das eigentlich gute Schauspieler*innen-Ensemble und ein schöner Soundtrack nicht weiter. Immerhin: Endlich einmal wird im Fernsehen Yael Naims wunderschöne Version von Britney Spears‘ Hit „Toxic“ gewürdigt! Doch damit ist die Musik in der Serie schon abwechslungsreicher als die Figuren und ihre Konflikte. Um politische Filme und Serien zu machen, muss Politik nicht unbedingt vordergründig eine Rolle spielen. Der explizite thematische Wille wird „Deutscher“ hier leider zur selbst gestellten Falle.
Von David Segler
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