„Das Gesetz sind wir“ im ZDF: Ungewöhnliche polizeiliche Maßnahmen

Ein spannender Polizeikrimi des ZDF unterhöhlt die üblichen Moralgesetze. Die TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ im ZDF.
- TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ (ZDF*)
- Julia Koschitz und Aljoscha Stadelmann als Streifenpolizisten
- Der Krimi unterhöhlt die Moralgesetze
Als die Fernsehkritik noch stärker ideologisch geprägt war, wurde den TV-Kriminalfilmen angekreidet, dass sie die gesellschaftliche Wirklichkeit verfälschen. Demnach geriet das Verbrechen auf dem Bildschirm stets zum Sonderfall. Ein temporärer Defekt im System, der von den zuständigen Fachleuten der Kriminalkommissariate innerhalb der vorgegebenen Sendezeit behoben wurde. Die Wirklichkeit sah anders aus.
TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ (ZDF): Eine Komödie - sagt der Sender
Falsch waren diese Anwürfe nicht. In den meisten frühen US-amerikanischen Krimiserien kamen die Verbrecher, dieser Vorgabe der Sendeleitungen und Sponsoren hatten sich die Autoren zu beugen, niemals davon. Es sei denn, ihre Taten richteten sich gegen andere Gesetzesbrecher, so wie 1964 in der komödiantischen Serie „Gauner gegen Gauner“ mit den Kinostars David Niven, Gig Young und Charles Boyer oder in „Ihr Auftritt, Al Mundy“ mit Robert Wagner und Fred Astaire.
Längst genießen Drehbuchautoren größere Freiheiten. Allerdings wählen sie weiterhin vorzugsweise die Form der Komödie, als Farce oder Satire, bis hin zum Galgenhumor, wenn Gesetzesbrechern Sympathien zugeschrieben werden. Es mutet wie eine Vorsichtsmaßnahme an, wenn das ZDF im Pressematerial zum Film „Das Gesetz sind wir“ immer wieder herausstellt, dass es sich um eine Komödie handelt.
TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ (ZDF): Auf Streife im Kiez
Den Streifenpolizisten Maja Witt (Julia Koschitz) und Klaus Burck (Aljoscha Stadelmann) ist gar nicht zum Lachen zumute. Die beiden patrouillieren im Bremer Kiez, kennen den Obdachlosen, der lieber ein Bier als einen Kaffee möchte, den Wirt der Kebab-Bude. Wenn Burck eine Pommes aus einer liegengebliebenen Tüte fingert, gibt Witt ein strafendes „Klaus!“ von sich. Ein bisschen wie bei einem alten Ehepaar.
Es wird heftig gedealt in dieser Gegend. Einen Händler erwischen sie auf frischer Tat. Er rennt weg, die beiden hinterher. Ihnen geht schnell die Puste aus, der Dealer scheint flinker, aber den Polizisten kommt ihre Ortskenntnis zugute. Witt legt ihm den Kabelbinder an und muss sich anraunzen lassen: „Willst du mich ficken, Hure?!“ Ihre lässige Antwort: „Grad nicht.“
Das sind die Töne, die sie täglich zu hören bekommen. Als Burck von einem frechen Bengel (Rauand Taleb, derzeit auch mittwochs bei ZDFneo in der missglückten Serie „Dunkelstadt“ zu sehen) angespuckt wird, rutscht ihm die Hand aus und er bricht dem großspurigen Halunken die Nase. Dummerweise gehört der Strolch zum Issa-Clan, der in Bremen die Unterwelt beherrscht. Vor Gericht wird auf beiden Seiten gelogen. Burck kommt davon, der kleine Issa aber auch. Und weil der Patriarch Djamal Issa (Merab Ninidze) sein Gesicht wahren muss, geht es jetzt Witt und Burck an den Kragen. Witts Hund wird getötet, Burcks dementer Vater und dessen Pflegerin verprügelt.
Burck und Witt haben genug und scheinen sich der erpresserischen Gewalt beugen zu wollen. Aber sie haben noch etwas in petto …
Elastische Gesetzesauslegung – TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ (ZDF)
„Das Gesetz sind wir“, Mittwoch, 25.3.2020, 20.15 Uhr, ZDF
Einerseits ist es zu begrüßen, dass den Deutschen der Untertanengeist verlorenging. Weniger aber, dass reale Polizisten im Dienst mittlerweile mit Respektlosigkeiten, Beleidigungen, sogar körperlichen Übergriffen rechnen müssen. Der Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt hat sich zwei Schutzpolizisten ausgedacht, die solche Erfahrungen täglich machen, die zudem erleben, dass Festgenommene schon in den nächsten Tagen wieder ihren illegalen Geschäften nachgehen, dass Gewaltverbrecher dank raffinierter Anwälte nicht zu fassen sind.
Witt und Burck halten dagegen, verstoßen selbst gegen Verordnungen und Dienstvorschriften, knöpfen Dealern das Drogengeld ab und stecken es Bedürftigen zu. Eine kesse Umkehrung der üblichen Moralverteilung: Diese beiden entwickeln mindestens so viel kriminelle Energie wie ihre Antagonisten. Doch kommen sie damit durch?
TV-Kritik zu „Das Gesetz sind wir“ (ZDF): Stummes Einvernehmen
Im März gewann „Das Gesetz sind wir“ den Deutschen Fernsehkrimipreis. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem: „So haben wir Polizei noch nicht oft im deutschen Film gesehen.“ Der von Markus Imboden inszenierte Krimi fällt nicht nur durch die unkonventionelle Gestaltung der Polizistenrollen auf, sondern auch durch seine Machart. Denn die beiden Hauptfiguren verständigen sich mehr oder weniger stumm. Nie hört man, wie sie Pläne schmieden, sich untereinander abstimmen. Sie sprechen nur mit Dritten, und doch agieren sie wie zwei Zahnrädchen, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Oft wirken sie passiv, manchmal ein wenig begriffsstutzig. Der bedächtige Klaus Burck bewegt sich ausgesprochen langsam, schwerfällig. Durchaus plausibel, dass sich Vorgesetzte und Gangster dermaßen in ihm täuschen.
Bis zuletzt wissen Witt und Burck Freund wie Feind immer wieder zu überraschen. Auch die Zuschauerschaft dürfte eingangs kaum ahnen, was alles auf sie zukommt. Der Film ist ein veritables Sehvergnügen, der Begriff Komödie aber könnte falsche Erwartungen wecken. Man bekommt schon anschaulich vorgeführt, was Schläge und Kugeln alles anrichten können.
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