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Ein todsicherer Sommerflop

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Von: Daniel Kothenschulte

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Sofia Boutella als mumifizierte Ahmanet.
Sofia Boutella als mumifizierte Ahmanet. © (Universal Pictures)

Ein sympathischer Tom Cruise trotzt der Verführung einer schönen Mumie: liebenswerter Zombie-Film, der leider nicht zum Fürchten ist.

Spätestens seit den Tagen von Indiana Jones bewundern wir Archäologen für ihre Fähigkeit, ägyptische Hieroglyphen durch bloßen Augenschein von Nazi-Emblemen zu unterscheiden. Ähnliche Kennerschaft darf die von Annabella Wallis gespielte Forscherin Jenny Halsey gleich zu Beginn von „Die Mumie“ unter Beweis stellen: Etwas ist sonderbar an dem unterirdischen Grabmal, das da urplötzlich in der umkämpften irakischen Wüste unter einer Sanddüne auftaucht: Portale und Skulpturen erinnern an das Tal der Könige. Und die Hieroglyphen-Inschriften lassen erst gar keinen Zweifel aufkommen an der ägyptischen Herkunft des Sensationsfunds. Wie kommt der bloß dorthin? Sollten etwa die Taliban inzwischen Gefallen daran gefunden haben, statt Kulturdenkmäler zu zerstören, zur Abwechslung lieber die Welt mit Fälschungen und Attrappen zu narren?

Ein altmodischer Kommentator hat noch vor dem Vorspann des Sommerblockbusters „Die Mumie“ eine bessere Erklärung anzubieten: Vor 3000 Jahren habe sich Ägypten einer despotischen Pharaonentochter entledigen müssen, schweren Herzens muss man vermuten, denn ihre Schönheit sei legendär gewesen; anders übrigens als inzwischen von der armen Kleopatra behauptet wird. Doch diese Ahmanet, eine Pionierin des Ganzkörpertattoos, gespielt von der von der französisch-algerischen Tänzerin Sofia Boutella, habe sich mit dem Gott des Bösen verbunden. Weshalb man sie lebendig mumifiziert und anschließend möglichst weit außer Landes geschafft habe.

Dies alles verkündet der Sprecher so blechern-pathetisch, wie Lautsprecherstimmen in Freizeitparks die Warteschlangen vor den Fantasy-Achterbahnen unterhalten. Und er gibt auch nicht eher Ruhe, als bis er zum zweiten Mal die ägyptische Weisheit losgeworden ist, man sterbe ja niemals so ganz.

Wenn denn nach dieser Einstimmung wenigstens wirklich eine Achterbahnfahrt folgen würde. Stattdessen warten wir geduldig, wie die Eingewickelte, einmal erwacht, ihrerseits den ersten besten Mann einzuwickeln versucht, der ihr begegnet.

Es ist Tom Cruise in der Rolle des Nick Morton – eines Tausendsassas, der sich in Diensten der US-Armee ein Zubrot als Grabräuber verdient. Gestohlen hat er auch eine romantische Nacht mit der Archäologin, leider ehe die Filmhandlung einsetzt. Nun hat sie ihn als Langfinger enttarnt, was ihn die Hoffnung auf eine Beziehung dennoch nicht begraben lässt. Auch wenn es eine ungleiche Verbindung wäre: Schließlich lässt die Wissenschaftlerin keine Gelegenheit aus, ihn daran zu erinnern, dass er Hieroglyphen nicht mal beim Namen kennt.

Wie immer hält Cruise, was er verspricht. Als Halbidiot ist er unwiderstehlich, ein Schelm, wer die Ironie in seiner Darstellung verkennt. Mit seinen 54 Jahren spielt er durchaus glaubhaft einen Sonnyboy, der nicht widerspricht, wenn man ihn als „jungen Mann“ bezeichnet. Und der aber auch nicht zögert, eine alte Mumie von der Bettkante zu schubsen.

„Ich glaube, das wird nichts mit uns zweien“, erklärt er ihr lässig. Schon dieser, auf dem Höhepunkt des Showdown geäußerte Satz, sollte gegenüber diesem harmlosen Vergnügen gnädig stimmen. Auch wenn das Schlussbild, in dem Cruise im Beduinengewand ins finale Wüstenpanorama reitet, bedrohlich nach Fortsetzung aussieht. Ist er etwa Lawrence von Arabien? Oder eher Kara Ben Nemsi?

„Schnell wieder eingraben“ riet bereits ein Kritiker in den USA dieser „Mumie“, wo man sich binnen weniger Stunden auf diesen Film als sicheren Flop eingeschossen hat. In Deutschland setzte man vorsichtshalber einige Pressevorführungen des Films erst nach Redaktionsschluss für die Donnerstagsausgaben an, aber es ist alles halb so schlimm. Auf seine Genreformel reduziert, ist dies nichts anderes als ein argloser, durchaus liebenswerter Zombie-Film. Nur zum Fürchten ist leider nichts dabei.

Die knapp zwei Stunden Laufzeit bieten noch Platz für einen Nebenschauplatz in London. Auch beim dortigen U-Bahn-Bau stößt man auf gewaltige Grabkammern, hier sind es stolze Kreuzritter, die, dem ägyptischen Motto folgend, nicht wirklich so ganz gestorben sind. Russell Crowe spielt den Eingeweihten, der sich auf einen Schlagabtausch mit dunklen Mächten in künftigen Episoden einlassen könnte. Ob es dazu wohl noch kommen wird? Wer weiß, denn wie die Ägypter angeblich sagen, geht man ja niemals so ganz.

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