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„The Pope’s Exorcist“ mit Russell Crowe: Gottes Werk und Teufels Beitrag

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Von: Daniel Kothenschulte

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Vater Esquibel (Daniel Zovatto) and Vater Gabriele Amorth (Russell Crowe) in „The Pope’s Exorcist“.
Vater Esquibel (Daniel Zovatto) and Vater Gabriele Amorth (Russell Crowe) in „The Pope’s Exorcist“. © Jonathan Hession

Russell Crowe verkörpert in „The Pope’s Exorcist“ einen historischen Teufelsaustreiber.

Der Teufel mag keine Witze“, ist sich der von Russell Crowe gespielte oberste Exorzist der katholischen Kirche sicher. Gabriele Amorth, dessen Autobiografie als Vorlage diente, hatte eine Mission. Der 2016 mit 91 Jahren verstorbene italienische Priester behauptete, 70 000 Exorzismen durchgeführt zu haben. Das wäre auch während eines langen Priesterlebens im Durchschnitt mehr als eine Austreibung pro Tag. Es muss mit dem Teufel zugegangen sein.

Die Aufgabe, der sich der Pater gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Pater Esquibel (Daniel Zovatto) in einem spanischen Kastell stellen muss, erledigt sich allerdings kaum im Vorübergehen. Der etwa zehnjährige Sohn einer jungen Witwe ist offensichtlich von einem bösen Dämon besessen, wenn nicht gar von Luzifer persönlich. Plötzlich spricht er fließend Englisch, was er nie gelernt hat, aber für eine Hollywoodverfilmung seines Schicksals äußerst nützlich ist. Die einzige Fremdsprache, für die jetzt noch Untertitel nötig sind, ist ab und an Latein. Die tote Sprache hielt der Pater sehr lebendig. Täglich, so behauptete er, spreche er in ihr mit dem Teufel, der antworte allerdings auf Italienisch. Wahrscheinlich waren sie am Ende so unzertrennlich wie Don Camillo und sein zu ihm sprechendes Kruzifix. Wie leicht hätte es ein ähnlich lustiger Film werden können. Mag ja sein, dass der Teufel keine Witze mag; wir wurden leider nicht gefragt.

Abgesehen von einer typischen Priester-Launigkeit hat aber auch Pater Amorth wenig Sinn für Ironie – so selbstverständlich sie eigentlich im gegenwärtigen Horror-Genre geworden ist. Der unerwartete Ernst gäbe Julius Averys Film eigentlich die Chance, sich an Klassikern wie „Der Exorzist“, „Rosemaries Baby“ oder „Das Omen“ abzuarbeiten. Stattdessen beginnt „The Pope’s Exorzist“ wie ein formelhafter Spukhaus-Thriller.

Nach dem Unfalltod des Vaters zieht die Mutter (Alex Essoe) mit den Kindern in ein geerbtes spanisches Kastell. Ob das der richtige Ort für eine trauernde Familie ist? Schon auf den ersten Blick sieht es hier so aus, als müsste man erst einmal die seit der Inquisition gesammelten Geister daraus vertreiben. Eine kinderpsychologische Betreuung wäre sicher nicht verkehrt, doch die Exorzismus-Abteilung des Vatikans erklärt den Fall zur Chefsache.

Wer es noch nicht wusste: Dieses Wirkungsfeld gehört in der katholischen Kirche zum Alltag. Papst Franziskus erkannte 2014 die Internationale Vereinigung der Exorzisten an; dem Verein gehören circa 300 Teufelsaustreiber an. Und wenn es so zugeht wie hier, wo auch eine offenbar nicht sehr religiöse Mutter gleich zwei Exorzisten die Tür öffnet, bremst sie wenig.

Die nächsten anderthalb Stunden gehören den digital zu Fratzen verzerrten Gesichtern, teuflischen (aber nicht allzu schlimmen) Flüchen und wild durch den Raum geschleuderten Besuchern im Kinderzimmer. Und ausgerechnet, wenn sich der Dämon im Kinderkörper von seiner besonders rüpelhaften Seite zeigt, entschuldigen sich die beiden Priester erst einmal, um sich auf eine ausgedehnte Suche nach verborgenen Folterkellern im Anwesen zu machen, die den „Drei Fragezeichen“ zur Ehre gereichen würde.

Tatsächlich birgt die Burg offenbar – neben einer veritablen Eisernen Jungfrau, die geduldig auf ihren Einsatz wartet, einen (wohl durch Renovierungsarbeiten) aufgescheuchten Dämon. Ist so nicht schon das Gespenst von Canterville wieder wach geworden? Und wenn es einen Dieb braucht, einen Dieb zu fangen, dann reichen zwei Geistliche mehr schlecht als recht für einen Teufel.

Nach einer alten Hollywoodregel müssen bewährte Handlungsmuster von Zeit zu Zeit auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Haben die Studios dabei Glück, dann wird das eine Musical nach jahrelanger Pause oder der eine Western, mit dem niemand gerade rechnet, plötzlich ein Erfolg. Hier ist es ein Mainstream-tauglicher Exorzismusfilm mit einem Star in der Hauptrolle, wie das eben mal so üblich war – als Max von Sydow in William Friedkins „Der Exorzist“ spielte oder Gregory Peck in „Das Omen“. Hartgesottene Genrefans betrachten soviel Aufwand meist mit Sorge; schon die FSK-Freigabe „ab 16“ lässt wenig Extremes dabei erwarten. Es ist aber auch nichts Gediegen-Klassisches dabei herausgekommen.

Gemächlich werden in der ersten Hälfte die Hauptfiguren wie markige Serienhelden aufgebaut, wovon man sich bei Sony Pictures vermutlich erhofft, dass sie für ein ganzes „Franchise“ reichen. Dazu gesellt sich Gaststar Franco Nero als Papst, der entgegen der Skepsis jüngerer Kleriker seine schützende Hand über die umstrittenen Teufelsaustreiber hält. Der zentrale Spielort, das spanische Kastell, wirkt mit seiner lächerlichen Foltergruft wie eine Fernsehkulisse der „Addams Family“.

Und das ausgedehnte Finale huldigt nur einem Geist, und das ist die selbstzweckhafte Computeranimation. Hier stellt sich dann doch noch die geflissentlich gemiedene Komik ein, wenigstens unfreiwillig. Wenn sich der Dämon einmal in eine kitschige Madonna verwandelt, ist das schon zum Lachen. Aber seien wir gewarnt. Wie Papst Johannes Paul II. einmal sagte: „Wer nicht an den Teufel glaubt, glaubt nicht an das Evangelium.“

The Pope’s Exorcist. USA 2023. Regie: Julius Avery. 103 Min.

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