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Vieldiskutiertes Thema
Neuer Tatort aus Dresden: In „Rettung so nah“ dreht sich alles um traumatisierte Ersthelfer
- vonSylvia Staudeschließen
Der neue Tatort aus Dresden „Rettung so nah“ widmet sich der Gewalt gegen diejenigen, die helfen wollen und sollen. Die wichtigsten Informationen zum Inhalt.
Kein metaphysisch-abstraktes „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ spielt eine Rolle im neuen Tatort aus Dresden, vielmehr die „Rettung“ als Krankenwagen, als leibhaftige Sanitäter und Sanitäterinnen im Einsatz. Sie sind unermüdlich und nie weit, trotzdem reicht es nicht immer, um jemandem das Leben zu retten. Um einen Fall, bei dem es leider nicht reichte, bei dem die Sanitäterin in Sekundenschnelle eine Entscheidung treffen musste und vielleicht die falsche traf, geht es in „Rettung so nah“. Um diejenigen auch, die untröstlich sind. Um diejenigen, die seitdem nicht schlafen können.
Die Trauer von Hinterbliebenen: sie kommt in TV-Krimis oft erschütternd kurz. So freilich auch diesmal, obwohl es sich geradezu aufgedrängt hätte, ihr mehr Raum zu geben, den Eltern mehr Raum zu geben, die ihr Kind verloren haben wegen eines allergischen Schocks. Doch Christoph Busche, Buch, und Isabel Braak, Regie, haben sich stattdessen einem vieldiskutierten Thema zugewandt, der Gewalt gegen jene, die helfen wollen und sollen. Sie handeln es recht didaktisch ab. Und Martin Brambach hat als Chef Schnabel die undankbare Aufgabe, den mahnenden Zeigefinger hochzuhalten, das Wort zum Sonntag zu sprechen.
Tatort aus Dresden (ARD): „Wir sind inzwischen Blitzableiter“
„Rettung so nah“ gibt einer Berufsgruppe eine Stimme. Aber ihre Vertreterinnen formulieren Sätze, wie man sie in ein Mikro sprechen würde: „Wir stehen hier an vorderster Front“ zum Beispiel. Das kann Schnabel für die Polizei auch: „Wir sind inzwischen Blitzableiter.“ Und, weil ein traumatisierter Afghanistanveteran als Obdachloser lebt: „Wenn er (der Mensch) nicht mehr funktioniert, gibt’s keinen Platz für ihn.“ Tipp: Auch ein gesellschaftskritischer Krimi darf durchaus den ein oder anderen originelleren Dialog enthalten.
Indessen gewöhnt man sich immer mehr an die kühle, ihre Gegenüber gern irritierend fixierende Leonie Winkler, Cornelia Gröschel. Die sich zwar dafür entschuldigt, Kollegin Karin Gorniak, Karin Hanczewski, nicht im Krankenhaus besucht zu haben – aber sich auch gleich den schlechten Scherz leistet, nächstes Mal werde sie das sicher tun. Gorniak guckt ein wenig gequält, wie auch anders. Sie machen ihre Arbeit, sie sind meist zeitig zur Stelle und notfalls prügeln sie sich, sie stehen nur ein klein wenig auf dem Schlauch.
Tatort aus Dresden (ARD): Krasse Naturen im Krankenwagenpersonalwesen
Dass man auch dann Probleme mit den Kollegen und Kolleginnen haben kann – Neid, Eifersucht, Misstrauen –, wenn man von Berufs wegen zu den Guten gehört, das macht „Rettung so nah“ wiederum nicht allzu aufdringlich plausibel. Ebenso, dass es auch dort, im Krankenwagenpersonalwesen, eher krasse Naturen gibt, etwa den jungen Sanitäter, der sich eine Waffe besorgt, um sich sicherer zu fühlen. Gut, dass die Profis eingreifen.
Geradezu mit Kopfschütteln aber verfolgt der Mensch im Februar 2021, wie Grippesaison ist in Dresden, wie eine niesende und vielleicht auch noch fiebernde Kommissarin Gorniak zur Arbeit geht und alle ansteckt. „Sie sollten ins Bett“, sagt Schnabel, aber er sagt das so nebenbei und ohne Nachdruck, dass es heutzutage regelrecht fahrlässig erscheint. Keiner tritt erschrocken fünf Schritte zurück, keine weigert sich, zu Karin Gorniak ins Auto zu steigen. Einfach unglaublich.
„Tatort: Rettung so nah“, ARD, Sonntag (07.02.2021), 20.15 Uhr.