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Tatort „Dreams“ im Ersten: „Der merkwürdigste Fall seit 30 Jahren“ aus München

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Von: Sylvia Staude

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Warten auf (traumatische?) Enthüllungen: Die Forscherin & die Kommissare.
Warten auf (traumatische?) Enthüllungen: Die Forscherin & die Kommissare. © BR/NEUESUPER GmbH/Hendrik Heiden

Im heute ausgestrahlten München-Krimi im Ersten finden sich die Tatort-Kommissare unter Musikerinnen, Träumenden und träumenden Musikerinnen.

München - Kalli hat mal Cello gespielt, und obwohl er damals noch ein Kind war, weiß er, dass Orchestermusiker und -musikerinnen „das Stresslevel von Formel-1-Piloten“ haben. Da staunt Kallis Vorgesetzter Leitmayr ein bisschen (vor allem wohl, dass sein Kalli mal Cello gespielt hat) und reicht diesen Satz heute in der ARD alsbald an seinen Kollegen Batic weiter, der demnächst Kalli im Tatort sagen wird ... – aber weiterbringen wird sie das mit dem Stresslevel nicht.

Das Buch zum ARD-Tatort „Dreams“ (Moritz Binder, Johanna Thalmann), die Regie von Boris Kunz schickt die Münchner Kommissare, Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl, und ihren Assistenten, Ferdinand Hofer, diesmal in eine fremde Welt, nein, sogar in zwei fremde Welten: die der klassischen Musik und die der Traumforschung. Das kann ja was werden – und wird, so viel wollen wir schon verraten, jedenfalls nicht einer von den richtig starken München-Tatorten aus der ARD-Kultreihe.

Heute im Ersten: Tatort aus München beginnt mit einem rätselhaften Mord

Wobei die Unaufgeregtheit des Trios im heutigen Tatort angesichts all der Herausforderungen schon trotzdem was hat. Sogar das Wort Oneironautik, das mit dem sogenannten Klarträumen zu tun hat, sprechen sie im Oneironautik-Labor gelassen aus. Und eigentlich machen sie alles richtig und folgerichtig, als eine aufgeregte junge Frau bei ihnen auftaucht und einen Mord meldet, von dem sie angibt nicht zu wissen, ob sie ihn begangen oder nur geträumt hat.

Das kann doch wohl nicht sein, ist die erste verständliche Reaktion, dass eine das nicht weiß. Will sie sie auf den Arm nehmen? Aber warum?

ARD-Tatort „Dreams“ aus München: Die Besetzung

NameRolle
Udo WachtveitlFranz Leitmayr
Miroslav NemecIvo Batic
Ferdinand HoferKalli Hammermann
Stefan BetzRichy Semmler
Jara BihlerMarina Eeden
Dorothee NeffLucy Castaneda
Theo TrebsMats Haki
Lisa Marie JankeLahja Åkerström
Katrin RöverDr. Deah
George LenzLudwig Castaneda

Traumforscherin und Psychologin ermitteln mit im München-Tatort heute im Ersten

Die junge Marina Eeden, Jara Bihler, ist Geigerin. Umgebracht haben will sie (vielleicht, vielleicht nicht) im ARD-Tatort aus München ihre Freundin und Konkurrentin um einen Orchesterjob, Lucy Castaneda (Dorothee Neff), die in der Tat seit zwei Tagen verschwunden ist. Die Ermittler rufen also eine Psychologin zu Hilfe („sehr interessanter Fall“, sagt diese fröhlich), vergessen aber trotzdem nicht, den Freund (Theo Krebs) zu durchleuchten, der als Hochleistungsturner nochmal eine ganz andere Art von Stress, Trainingsstress hat – und also einfach keine Zeit (?), wie er angibt, sich Sorgen zu machen um Lucy.

ARD-Tatort „Dreams“ aus München - Musik, Drehbuch, Kamera

RegieBoris Kunz
MusikDavid Reichelt
KameraVolker Tittel
BuchMoritz Binder, Johanna Thalmann

In einer ruhigen Minute im Auto sagt Batic im aktuellen Tatort angesichts Scharen von hysterischen und/oder intriganten Musikschaffenden und einer in Rätseln redenden Traumforscherin, Katrin Röver, zum Kollegen Leitmayr: Das sei ja wohl „der merkwürdigste Fall seit 30 Jahren“. Es ist jedenfalls ein Fall, der munter das Klischee von den restlos überkandidelten Kunstschaffenden reproduziert. Die nur für ihre Kunst und ihren Ehrgeiz leben, was sich nicht zu vertragen scheint mit so etwas wie der Fähigkeit, zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden zu können. Gedreht wurde übrigens durchaus in der Wirklichkeit, nämlich im Münchner Kulturzentrum Gasteig und mit dem Münchner Rundfunkorchester.

München-Tatort heute im Ersten: Batic und Leitmayr retten den Fall ins untere Mittelfeld

Wie im Frankfurt-Tatort vom vergangenen Sonntag zeigt man der Zuschauerin auch heute in der ARD verschiedene nervös-verwackelte Varianten/Rückblenden und lässt sie raten, was davon Traum, was geschehen ist. Wie im Frankfurt-Tatort sind junge Frauen für den TV-Krimi offenbar vor allem interessant, wenn sie ebenso überspannt wie hochtalentiert sind. Sie wollen in jeder Hinsicht hoch hinaus und treiben sich also bevorzugt auf Dächern herum, von denen aus man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt hat.

Heute im Ersten

„Tatort: Dreams“, ARD, So., 20.15 Uhr.

Allerdings haben die Münchner bei allen Ähnlichkeiten in der ARD dann doch die weitaus originellere Auflösung hinbekommen – die hier selbstverständlich nicht verraten werden darf. Denn zwar ist „Dreams“, wie gesagt, nicht einer der starken BR-Tatorte, eher unteres Mittelfeld. Aber die Ermittler gehen ihrer Arbeit selbst in diesem „merkwürdigsten Fall“ so professionell nach, dass es eine Freude ist. Und nebenbei erfährt man, dass Datteln bei Schlaflosigkeit helfen, guckt sofort nach, ob da was dran ist – und hat wieder was Nützliches gelernt. (Sylvia Staude)

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