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Tatort „Azra“ im Ersten: Deppert sind sie nicht - Haben aber ihre Mühe

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Von: Sylvia Staude

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Eisner hat väterliche Gefühle für die taffe Azra. Foto: ARD Degeto/ORF/Darryl Oswald
Eisner hat väterliche Gefühle für die taffe Azra. Foto: ARD Degeto/ORF/Darryl Oswald © ARD Degeto/ORF/Darryl Oswald

Der österreichische „Tatort“ „Azra“ erzählt eine Mafia- und Undercover-Geschichte.

Frankfurt - Schon lange möchte die Abteilung Wirtschaftskriminalität in Wien die georgische Mafia, konkret eine Familie namens Datviani, drankriegen. Vor zwei Jahren bereits wurde eine junge Frau undercover eingeschleust, als bessere Türsteherin ist sie freilich immer nur am Rand geblieben, nie wirklich in die Nähe von Clan-Chef Beka Datviani, Lasha Bakradze, gekommen. Bis dessen Bruder Luka erschossen wird. Und die Beamtin von der Wirtschaftskriminalität, Zeynep Buyrac, einen Deal eingeht mit, klar, Moritz Eisner und Bibi Fellner.

Fürs i-Tüpfelchen muss wieder einmal sorgen, dass Eisner die Undercover-Frau kennt, das rebellische, kampferprobte Mädchen einst quasi von der Straße geholt hat. Und schon ist bei diesem Fall seine professionelle Distanz futsch.

Wien-„Tatort“ im Ersten: Das „eh“ setzt den Ton

Allerdings gehen die meisten „Tatort“-Storys, nicht nur die neue österreichische von Sarah Wassermair, Buch, und Marcel Wahab, Regie, davon aus, dass professionelle Distanz eh überbewertet wird. Und mit dem „eh“ sind wir schon beim Ton, das können die ORF-Folgen im Gegensatz zu denen des SRF gut, diesen Schmäh, diesen entspannten Sound. In dem man sich bitte nicht anscheißen soll – vor Angst in die Hose machen – und in dem „du bist so deppert“ sehr liebevoll gemeint sein kann. Jedenfalls wenn es Moritz zu Bibi, Harald Krassnitzer zu Adele Neuhauser, sagt. Inzwischen denkt man übrigens immer mal: Guck an, die beiden könnten sich noch richtig nahekommen.

Eigentlich könnte „Azra“ nach zehn Minuten beendet sein, denn Luka, auf den just geschossen wird, ruft noch „Echt jetzt? In den Rücken, Bruder!?“ Zwar hat die taffe Undercover-Frau mitgehört, die der Folge den Namen gibt (und Mariam Hage gibt ihr Wumms), aber es fehlt halt an Beweisen. Außerdem läuft die Zeit, denn die Familie Datviani hat „jeden Tag mehr Freunderl ganz oben“ – das zielt auf die österreichische Politik. Eisner und Fellner kasteln einen Handlanger/Leibwächter Datvianis nach dem anderen ein, aber alle halten dicht. Wie ein Vakuumverschluss.

Österreich-Krim „Azra“ nimmt scharfe Kurven - nicht ohne Schrammen

Schon „eine Woche später“ ist die Polizei erstaunlicherweise so weit, dass die halsstarrige Azra ihren Willen bekommt, sich vor Beka Datviani beweisen kann und als seine Leibwächterin nachrückt. Moritz hält es für eine Schnapsidee. Moritz findet gleich darauf doch, sie sei schließlich „eine erwachsene Frau, bitte“. Die anderen wollen sie abziehen, er lässt es heimlich eine Nacht weiterlaufen, sitzt höchstselbst mit dem Fernglas im Gebüsch. Klar, dass was schiefgeht – aber was bloß? Azra ist nicht aufgetaucht am vereinbarten Treffpunkt, Major Fellner muss beichten, peinlich, und ist ganz fahrig und bleich. Die gesamte österreichische Polizei (so wirkt es jedenfalls) sucht jetzt nach der jungen Frau.

„Azra“ nimmt ziemlich scharfe Kurven, nicht jede Kurve ganz ohne Schramme. Ein bisschen viel muss am Ende ein einzelnes Wort tragen, da wird es sehr unplausibel. Doch die moralische (und polizeiliche) Klemme, in der Bibi Fellner und Moritz Eisner zuletzt stecken, die wird unaufgeregt und gleichzeitig bestürzend aufgelöst.

„Tatort“: „Azra“ , ARD, Pfingstmontag, 20.15 Uhr.

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