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Tatort: „Alles kommt zurück“ mit Furtwängler und Lindenberg, aber ohne Raffinesse

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Von: Judith von Sternburg

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Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm auf der Sesselkante, Udo Lindenberg als Udo Lindenberg am Flügel. Foto: Fritzi Kurkhaus/NDR
Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm auf der Sesselkante, Udo Lindenberg als Udo Lindenberg am Flügel. © NDR/Frizzi Kurkhaus

Der Tatort mit Charlotte Lindholm zu Weihnachten in der ARD spielt in Hamburg und wirkt sonderbar – aber mit Udo Lindenberg und Maria Furtwängler.

Der Tatort zum Festtag „Alles kommt zurück“ im Ersten ist kriminalistisch unübersichtlich, aber der Grund dafür liegt nicht in der Raffinesse, sondern im Mangel daran. Das tut innerhalb des ARD-Films nicht viel zur Sache, da Raffinesse ungefähr das letzte zu sein scheint, worauf es „Alles kommt zurück“ anlegt – das allerletzte, worauf es „Alles kommt zurück“ anlegt, ist dann, das Publikum echt zu verblüffen –, aber das verwöhnte Blag vor dem Bildschirm will selbstverständlich beides: Raffinesse und Antiraffinesse, Raffinesse nämlich, die es sich nicht anmerken lässt, so raffiniert ist sie. Wenn überhaupt, ist es hier jedoch umgekehrt: Vermutlich will „Alles kommt zurück“ viel raffinierter sein, als es ist.

Denn der Eindruck von Überanstrengung, die nicht nur (mit guten Gründen) im schönen und geschmackvoll älter werdenden Gesicht der Tatort-Hauptkommissarin herrscht und die man womöglich die Augen verdreht, anstatt sich zu entspannen und abzulachen, kommt aus einem Widerstreit der Ambitionen.

Heute in der ARD: Tatort „Alles kommt zurück“ - Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm

Ein Teil von „Alles kommt zurück“ will raffiniert sein wie ein durchgeknallter Murot-Tatort, und Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm (und in der neuen Rolle als Tatort-Koproduzentin) wird auch entsprechend in Szene gesetzt, in einer irren und irrealen Situation innerlich und äußerlich. Das Drehbuch von Uli Brée, regelmäßig zuständig für den Wien-Tatort, transportiert österreichisches Gekungel, Halbweltmilieu und Misstrauen gegen den Menschen an sich in den hohen Norden, lässt aber den Witz, den Brée allemal zu bieten hat, lediglich auffunkeln. Denn schließlich wurde Detlev Buck als Regisseur engagiert, Held des norddeutschen Antiklimax. So tun zwar alle so, als ständen sie unter Dampf, tatsächlich aber vertreiben sie sich doch eher anderthalb Stunden die Zeit.

Tatort im Ersten: Die Besetzung von „Alles kommt zurück“

RolleSchauspieler:in
Charlotte LindholmMaria Furtwängler
Ruben DelfgauJens Harzer
Jana ZimmermannAnne Ratte-Polle
Silke KarsdorpNeda Rahmanian
SophiaNadja Zwanziger
Jonas HoldtLukas Zumbrock
KimCéline Yildirim
UschiNadeshda Brennicke
JimmyKida Khodr Ramadan
Udo LindenbergUdo Lindenberg

Darum ist die völlig sinnfreie Bar-Szene mit Kida Khodr Ramadan ein echter Höhepunkt. Ein anderer ist Charlotte Lindholms Begegnung mit dem Mann mit dem Messer, eine Choreografie zum Anfang von Beethovens Vierter. Ein weiterer Höhepunkt, wenn auch etwas vordergründiger, ist Charlotte Lindholms Auftritt im Polizeisportanzug (es wird beim NDR sofort Kaufanfragen geben). Der Aufzug gewinnt vor allem, als sie in der ARD-Tatort-Umgebung herumwütet (ermittelt) und der sie sanft rügende Hamburger Kollege auf ihre Frage, ob er nicht dasselbe machen würde, antwortet: Ja, aber er würde es unauffälliger machen.

Denn ein durchgängiger Höhepunkt ist der Auftritt von Jens Harzer als unfassbar cooler Hamburger Ermittler, den man keinesfalls zum letzten Mal gesehen haben will (wer Jens Harzer auf der Bühne manchmal als überspannt erlebt, wird von der heruntergekühlten Variante erst recht begeistert sein). Ebenfalls ein Höhepunkt ist die Rolle von Anne Ratte-Polle als extrem aggressive Harzer-Kollegin, ein Blödsinn, aber toll gespielt. Es wird überhaupt gut gespielt, in viele reizvolle, unbehagliche kleine Rollen hinein.

Heute im Ersten: Tatort „Alles kommt zurück“ - Udo Lindenberg spielt mit

Woran man erkennen kann, dass „Alles kommt zurück“ kein starker Krimi ist, aber im Detail will man nichts verpassen. Dabei war von Udo Lindenberg, dem eigentlich Clou, noch gar nicht die Rede. Und von Regisseur Buck in der Rolle des Luden, der Einstein genannt wird, weil er ein schlaues Kerlchen ist. Mit seiner Frau Uschi, Nadeshda Brennicke, sitzt er in Monsterteddybär-Sesseln und redet für sich hin. Denn der Norddeutsche mag schweigsam sein, aber wenn er erst einmal mit dem Reden angefangen hat, bleibt er direkt eine Weile dabei. Udo Lindenberg: „Alles kommt zurück“ spielt in dem Hamburger Luxushotel, in dem der Musiker, der sich natürlich selbst spielt – und einst als Schlagzeuger bei der Einspielung von Klaus Doldingers Tatort-Titelmelodie dabei war –, auch normalerweise wohnt. Seit einem Vierteljahrhundert. Im Film ist alles schnieke, aber auch gespenstisch. Buck und Brée bauen „Shining“-Atmo ein, kein Mensch weiß, warum, sieht aber gut aus.

Heute im Ersten

„Alles kommt zurück“, ARD, So., 20.15 Uhr. Regie: Detlev Buck

Charlotte Lindholm, zeigt sich, ist in die große Stadt gefahren, um ihrem Leben einmal wieder einen ernsthaft anderen Dreh zu geben. Sie war mit einem Internetflirt verabredet, der nun tot im Hotelbett liegt. Das ist peinlich für sie, zumal sie sofort verdächtig wirkt. Kommissar Harzer aber ist viel zu klug, um nicht als erster (noch vor ihr!) zu begreifen, dass der Kollegin hier etwas untergeschoben werden soll. Mit langem Atem, aber doch ziemlich zurechtkonstruiert wird „Der Fall Holdt“ von 2017 wieder aufgegriffen. Zugleich findet im Hotel ein Udo-Lindenberg-Doppelgänger-Wettbewerb statt, für die Polizei verwirrend, und auch Charlotte Lindholm und das Publikum müssen gut aufpassen, wann der echte Udo Lindenberg ins Bild kommt. Er singt dann, darunter das eigens komponierte Lied „Kompass“. Und aus dem Off „Wieder genauso“, ein tolles Lied. Er habe vom Tod geträumt und mit ihm gequatscht die ganze Nacht. Charlotte Lindholm hört privat trotzdem Brahms. (Judith von Sternburg)

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