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Neue ARD-Serie „Legal Affairs“: Man könnte es Erpressung nennen

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Von: Sylvia Staude

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Selbst ein Promi: Anwältin Leo Roth, Lavinia Wilson in „Legal Affairs“. Foto: ARD Degeto/RBB/Kerstin Jacobsen
Selbst ein Promi: Anwältin Leo Roth, Lavinia Wilson in „Legal Affairs“. © ARD/Kerstin Jacobsen

Die ARD-Serie „Legal Affairs“ schickt Lavinia Wilson als coole Promi-Anwältin nicht nur in den Gerichts-Ring.

Frankfurt am Main - Im Dezember 2013 erlangte eine junge US-Amerikanerin plötzliche und fatale Berühmtheit, weil sie unmittelbar vor ihrem Boarding an 170 Follower twitterte: „Fliege nach Afrika. Hoffe, ich bekomme kein Aids. Nur ein Scherz. Ich bin weiß!“ Die Internet-Welt stürzte sich darauf, ein Shitstorm entstand, als wäre sie der einzige Mensch, der einen dummen, unbedachten Tweet absetzte. Noch vor der Landung hatte sie praktisch ihren Job verloren.

Für eine junge Frau in der achtteiligen ARD-Serie „Legal Affairs“, die zu einem Foto, auf dem sie fröhlich zwischen zwei schwarzen Männern steht, ähnlich über Aids witzelt, geht die Sache hingegen besser aus: denn ein fabelhaftes Team um die Medienanwältin Leo Roth übernimmt ihren Fall und dreht die Stimmung schneller, als die am Flughafen Berlin von einem Mob Erwartete und durch einen Biss Verletzte aus dem Krankenhaus entlassen wird.

„Legal Affairs“ (ARD): Die Welt der Reichen und Berühmten

„Legal Affairs“ (ARD) spielt überwiegend in der Welt der Reichen und Berühmten, auch der politisch Einflussreichen, denn die Hauptfigur ist eine „Staranwältin“, die ihr Geld damit verdient, allerlei Verletzungen der Privatsphäre (Seitensprünge etwa) unter dem Deckel zu halten. Oder wieder drunter zu stopfen. Das tut sie, indem sie zum Beispiel der Presse – und keineswegs betrifft das nur die Boulevardpresse – mit Klagen droht. Oder auch letzterer im Tausch für den Klatsch über Roths Mandanten Tratsch über jemand anderen anbietet. Leo Roth ist da weitgehend skrupellos, außerdem tough und kalt wie eine Hundeschnauze. Man könnte ihr Vorgehen auch Erpressung nennen.

Es lockert die Folgen auf, dass es ihr ab und zu auch ums Renommee statt ums Geld geht. Oder hat sie gar Herz?

„Legal Affairs“ in der ARD

In der ARD Mediathek ab Freitag, 17. Dezember. Im Ersten am 19., 20., 22., 23. Dezember jeweils zwei Folgen à 45 Minuten ab 21.45 Uhr.

Berater der in der Hauptsache von Lena Kammermeier und Felice Götze geschriebenen, von Randa Chahoud und Stefan Bühling inszenierten Serie ist der Medienrechtsanwalt Christian Schertz, aber sehr ins juristische Detail kann in jeweils 45 Minuten nicht gegangen werden. Eines entspricht jedenfalls garantiert nicht der Realität: Die Justiz arbeitet atemberaubend schnell. Kaum ist etwas passiert, trifft man sich schon vor Gericht wieder.

„Legal Affairs“ (ARD) gefällt in seinen rhetorischen Kämpfen

Lavinia Wilson spielt die smarte, stets eilige, aber stets wie aus dem Designer-Ei gepellte Anwältin. Aber weil – siehe Tatort-Kommissarinnen und -Kommissare – es ohne schlimmes persönliches Schicksal nicht mehr geht, erfährt man bald, dass ihr eine Kugel im Kopf steckt und dass diese Kugel wohl etwas mit dem Suizid ihres Vaters zu tun hat. Verschiebt sich diese Kugel, etwa durch einen Sturz, bekommt sie Flashbacks. Hört eine bestimmte Musik, riecht irgendwas Ätzendes. Helfen lässt sie sich nur ungern.

Sie versucht, linke Aktivisten rauszuhauen. Oder einen minderjährigen Schauspieler, der Actionheld werden will, aber als schwul geoutet wird. Oder die junge Naive mit ihrem Aids-Scherz. Ein Fall aber beginnt in Folge 1, „Hexenjagd“, und zieht sich durch bis Folge 8, „Geheimnisverrat“. Auch da wird es persönlich und privat: Leo Roths geliebte Schwester, Annika Kuhl, sitzt mit MS im Rollstuhl, ihr Mann, Rainer Sellien als Innensenator Kai Fontaine, ist fremdgegangen. Und wendet sich, na klar, an seine Schwägerin. So beginnt eine Handlung, die ähnlich bestimmt schon in einem Tatort oder Polizeiruf gelaufen ist, denn bald gibt es eine Tote.

„Legal Affairs“ (ARD)Die Rollen und ihre Darsteller:innen
Leo RothLavinia Wilson
Elena CaspariMaryam Zaree
Adrian BeshiraAaron Altaras
Mimi TaharMichaela Caspar
Jonas LindbergJacob Matschenz

So lehnt sich „Legal Affairs“ (ARD) mit dieser durchgehenden Handlung ohne allzu große Originalität an den Krimi an. Und gefällt darum doch eher in seinen rhetorischen Kämpfen – und durch das divers aufgestellte Kanzlei-Team: Allen voran die brillante, aber im Kern bescheidene und treue rechte Hand – Maryam Zaree ist diese blitzgescheite, von Leo Roth nicht sehr gut behandelte Elena (die Konkurrenz bemüht sich schon, sie abzuwerben). Niels Bormann, ein Cecil und ein „von“, ist nur fast so gut wie Elena, hat aber die größeren Ambitionen. Die Rolle der fabelhaften Rechercheurin und Hackerin ist originellerweise mit einer älteren Frau besetzt, Michaela Caspar. Und ein neuer Assistent, Aaron Altaras als Typ Unerfahren-aber-pfiffig, hat seine eigenen Vater-Probleme.

Man möchte wetten: Dieses Team ist so konzipiert, dass es bei Erfolg dieser acht Folgen noch einige Staffeln weitermachen kann. (Sylvia Staude)

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