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NDR-Tatort „Verborgen“ über Migration: Man sieht sie nicht

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Von: Sylvia Staude

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Hope (Sheri Hagen) und Jon (Alois Moyo) sind untröstlich.
Hope (Sheri Hagen) und Jon (Alois Moyo) sind untröstlich. © NDR/O-Young Kwon

Der Tatort „Verborgen“ macht auf die Ausbeutung von Menschen ohne Papiere aufmerksam

Seit zehn Jahren schon ist Wotan Wilke Möhring der Tatort-Ermittler Thorsten Falke: Kein Intellektueller, keine schwierige Persönlichkeit wie etwa der Kollege aus Dortmund, Privatleben scheint er auch so gut wie keines zu haben. Er ist unter den Tatort-Ermittlern der raue Cowboy mit dem guten Kern, allemal am Ende ein Profi, der die Dinge geregelt bekommt, außerdem das Herz auf dem rechten Fleck hat. Ein Beamter, dem man vertrauen kann, was in der Jubiläumsfolge „Verborgen“ auch der seit Jahren ohne Papiere in Deutschland, in Hannover lebende Kameruner Jon, Alois Moyo, so sieht. Sie essen zusammen, Falke zahlt.

Jon Makoni steht frühmorgens an der Straße und hofft mit Leidensgenossen, für irgendeinen schwarz bezahlten Job eingesammelt zu werden. Seine Frau Hope, Sheri Hagen, geht putzen. Sein Sohn Noah hat ebenfalls vor allem auf Baustellen angeheuert, aber jetzt ist er verschwunden. Hope möchte auf keinen Fall die Polizei einschalten. Falkes Kollegin Grosz, Franziska Weisz, wirft sie vor: „Sie wollen Karriere machen.“ – Jon ist trotzdem zur Polizei gegangen, bei Falke und seiner No-Nonsense-Kollegin Grosz gelandet (und die beiden also diesmal in Hannover), da sie gerade im Fall eines jungen Mannes ermitteln, der tot im Stauraum eines Lastwagens mit dem Ziel London gefunden wurde. Seine Fingerkuppen sind abgeschliffen. Niemand scheint ihn zu kennen.

Es ist möglich, dass auch der Vermisste sich nach England schmuggeln lassen wollte. Dort, so hört man nicht ohne eine gewisse Verwunderung von den jungen Leuten, soll manches besser sein. Jedenfalls für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Noahs Freund Sam, Ben Andrews Rumler, versucht ebenfalls, das Geld für die Schleuser zusammenzukratzen. Noahs Eltern sind unterschiedlicher Meinung, Jon findet Deutschland „besser als nix“, Hope findet es lächerlich, dass er immer Deutsch zu sprechen versucht, die Zuschauerin vermutet, man wollte die Untertitel sparen (nebenbei: mit ihren Angehörigen lieber radebrechende, statt in der Muttersprache sprechende Personen sind immer noch eine TV-Film-Seltsamkeit, die abgeschafft gehört).

Neelesha Barthel, Regie, Julia Drache und Sophia J. Ayissi, Buch, zeigen die Probleme von Menschen, die keine Papiere besitzen und darum krass ausgebeutet werden können, nachdrücklich, aber nicht überkonstruiert. Auf Baustellen vor allem gibt es Jobs, für die die Sub-Sub-Unternehmer Schwarzarbeiter anheuern. Sich mal eben krank melden oder krank schreiben lassen kann man da nicht. Immerhin gibt es Simone Kemper, Rebecca Rudolph, deren Wartezimmer immer voll ist, denn die Ärztin behandelt Menschen, die illegal in Deutschland leben. Klar, dass sie Vorbehalte gegenüber der Polizei hat. Aber verschweigt sie nicht auch etwas? Und ist allzu nervös?

So verteilt auch „Verborgen“ nach bewährtem Krimi-Schema den Verdacht, bedient dabei freilich eher wenig Klischees. Buchstabiert außerdem nicht alles aus. So landet auch dieser Jubiläums-Tatort, wie fast alle bisherigen Falke-Folgen, im soliden Mittelfeld. Zu Jon darf er sagen, man glaubt es ihm unbedingt: „Für mich sind Sie nicht unsichtbar.“

„Tatort: Verborgen“, ARD, So., 20.15 Uhr.

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