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„Wir können es nicht ausschließen“ – Lanz diskutiert über die Gefahr eines Atomkrieges

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Von: Tina Waldeck

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Die Talkrunde bei Markus Lanz im ZDF am 1. März 2023.
Die Talkrunde bei Markus Lanz im ZDF am 1. März 2023. © Screenshot ZDF

Zur Situation der Geflüchteten in Berlin, dem Friedensmanifest Sahra Wagenknechts, über mögliche Koalitionen nach der Berlin-Wahl sowie die aktuelle nukleare Bedrohungslage.

Hamburg – „Alle ziemlich verrückt“ und „in Berlin sind alle Parteien bekloppt“, zitiert Markus Lanz im ZDF Robin Alexander: „Nur bei den Linken ist es umgekehrt: Die Linken waren in Berlin immer schon die Vernünftigen.“ Zumindest vernünftiger als der Rest der Partei.

Doch bevor Katja Kipping (Die Linke-Politikerin und – noch – Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales) förmlich aus ihrem Amt gefeiert wird, sprechen der zugeschaltete Michail Chodorkowski (im Exil lebender Ex-Oligarch) sowie Frank Sauer (Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr München und Experte für Atomwaffen) über die atomare Wetterlage.

Der Westen „sollte Angst vor der Deeskalation haben“

Michail Chodorkowski hat ein Buch über die Ära nach Wladimir Putin geschrieben: „Wie man einen Drachen tötet.“ Der 24. Februar 2022 hat auch für den Ex-Oligarchen alles verändert, erzählt er bei Markus Lanz: Seine ganze Familie stammt aus der Ukraine. Die Russen, die an der Seite von Wladimir Putin in diesem Krieg kämpfen, sind in seinen Augen „Gangster“ und die Möglichkeiten von friedlichen Verhandlungen mit Wladimir Putin sieht er als „sehr eingeschränkt.“

Alle Versprechen der letzten Jahre hat der russische Präsident wieder gebrochen: Auf sein Wort ist kein Verlass und jede Pause würde nur für ein weiteres Hochrüsten missbraucht werden. Bereits aus den USA und auch von China hat er Warnungen bekommen, dass er keine Unterstützung hat, wenn er Atomwaffen einsetzen würde, trotzdem versucht er eine „Erpressung“ mit ihnen. „Warum wurden nach ’45 – nach Hiroshima und Nagasaki – nie wieder Nuklearwaffen in einem Krieg eingesetzt?“ Genug Gelegenheiten hätte es dafür gegeben, feuert Frank Sauer bei Markus Lanz sein Wissen ab.

Nukleardiskussion bei Lanz (ZDF): „Spinnweben an (russischen) Nuklearköpfen?“

Gerne wird behauptet, dass strategische Atomwaffen die großen und taktische Atomwaffen die kleinen seien, aber bei einigen taktischen Atomwaffen kann die Sprengwirkung eingestellt werden, sodass sie die doppelte Sprengwirkung von Hiroshima erreichen können. In der NATO spielen jene keine große Rolle mehr, während Russland damit konventionelle Schwächen ausgleichen will. Der Atomwaffen-Experte nimmt die Drohungen von Wladimir Putin ernst, sieht sie aber „nicht als akut.“ Ein stetiges Säbelrasseln damit ist für Wladimir Putin aktuell nützlicher als die eigentliche Tat, aber „wir können es nie ausschließen.“

Markus Lanz vom 1. März 2023Die Gäste der Sendung
Katja KippingPolitikerin
Robin AlexanderJournalist
Frank SauerPolitikwissenschaftler
Michail ChodorkowskiUnternehmer

Existieren die Atomwaffen in Russland überhaupt noch und sind diese einsetzbar, will Markus Lanz wissen und entrüstet schüttelt Frank Sauer den Kopf: Laut den Schätzungen besitzt Russland in der Summe 6000 Atomwaffen. „Da braucht man gar nicht weiter drüber reden“: Selbst wenn 90 Prozent davon nicht mehr funktionieren sollten, reichen 10 Prozent „für alles“ aus. In seinen Augen ist diese Anzahl sowieso viel zu viel: Da würden bereits 300 Atomwaffen als „minimale Abschreckung“ völlig ausreichen.

„Man muss ein gesundes Maß finden“

„Das Konzept der nuklearen Teilhabe“ bringt Robin Alexander ins Spiel und dass Deutschland unter einem atomaren Schutzschirm mit den amerikanischen Atomwaffen ist. Eigentlich könnte doch genau jetzt die Zeit sein, um zu überlegen: „Was machen wir, wenn die Amerikaner nicht mehr für unsere Sicherheit garantieren wollen?“ Gerade bei amerikanischen Machtinhabern wie Donald Trump.

Nach Frank Sauer ist die nukleare Teilhabe auch „nicht ganz unhaarig“: Denn nur die USA, Russland, China, Großbritannien sowie Frankreich dürfen Atomwaffen besitzen und diese nicht weitergeben. Frankreich ist somit innerhalb der EU die einzig verbleibende Atommacht: Da kam schon mehr wie einmal die Überlegung auf, warum hier keine europäische Lösung gesucht wird.

Für Atomare Abrüstung und gegen die Nato: Katja Kipping bei Markus Lanz (ZDF)

Katja Kipping ist keine Befürworterin der NATO und „die Tragik dieser Zeit“ ist, dass Wladimir Putin „die größte PR-Maschine dafür“ gestartet hat. „Die Idee einer atomaren Abrüstung“ findet sie immer noch richtig. Aber „was hat das Folgen für uns?“ Robin Alexander erschrickt da jedes Mal „wie schnell Deutschland von einem Extrem ins andere verfalle“: Grüne Abgeordnete, die begeistert die Leoparden befeuern, während einige von den Linken mit einem rosaroten Panzer und „verknotetem Rohr“ durchs Leben fahren.

Bei diesen gibt es zudem „eine große Tendenz“, unentschieden in der Positionierung zwischen Russland und Amerika zu sein. Gerade auch wegen der Nähe zu „Russia Today“ innerhalb der Linke, für die auch Sahra Wagenknecht schon Interviews gegeben hat. Nur ein stetiges Ausnutzen von Vorteilen für den eigenen Zweck?

Einordnung von Robin Alexander im ZDF: „Frau Wagenknecht erpresst Die Linke“

Er findet zu Wladimir Putins Erpressungsversuchen mit Atomwaffen eine deutsche Analogie, denn „Frau Wagenknecht erpresst Die Linke.“ Wenn Sahra Wagenknecht zusammen mit „sechs Fraktionsanhängern“, die gut mit ihr stehen, aus der Partei austreten würde, dann wäre das Fraktionsrecht der Partei weg. So wird sie geduldet, treibt aber die Partei immer weiter „in die Bredouille“, die „Frau Kipping im Gesicht abzulesen ist.“

„Mich erschrecken Erpressungen nicht“, feuert diese dagegen kampfeslustig zurück. Entweder sind „alle vegan oder alle Bratwurst-Esser“: Das ist bei den Linken eben nicht so und sie sieht es als wichtig an, sich „nicht nur in seiner Wohlfühlblase kulturell zu bestärken.“ Frau Wagenknecht erpresst auch nur „aber sie ist (bislang) nie (ab)gesprungen“, überlegt Robin Alexander bei Markus Lanz weiter. Vielleicht wird es die nächste Analogie zu Wladimir Putin? (Tina Waldeck)

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