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Magdeburg-Polizeiruf „Ronny“: Die Kommissarin zeigt Nerven

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Von: Sylvia Staude

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Die Kommissarin und der störrische junge Mann.
Die Kommissarin und der störrische junge Mann. © MDR/Felix Abraham

Von schwierigen Jugendlichen und überforderten Eltern erzählt der Magdeburg-Polizeiruf „Ronny“.

Nach dem Münchner „Hackl“ nun der Magdeburger „Ronny“: Der Zufall will es, dass zwei ähnliche Krimis aufeinander folgen – ähnlich, auch wenn Hackl der Typ älterer Wutbürger ist, Ronny ein Junge, der verschwindet. Was beim Polizeiruf „Ronny“ an den Tatort „Hackl“ denken lässt, ist aber vor allem: im Mittelpunkt darf ganz der Mensch in Ausnahmesituationen stehen, der ausflippende Verdächtige, die verzweifelte Mutter, der Erzieher, der sein Leben zerstört sieht. Weder wird herumgewitzelt, noch gibt es hier Leute, die schreckliche Dinge wegstecken wie ein Taschentüchel.

Der zehnjährige Ronny lebt im Heim, seine Mutter war drogensüchtig, ist jetzt clean, so kann er wenigstens zu seinem Geburtstag nachmittags zu ihr, Kerzen ausblasen, Geschenke auspacken, ein wenig Freude haben. Doch es gibt Stress mit dem Neuen der Mutter. „Mama, hilf mir!“, ruft Ronny, aber Mama hilft nicht.

Polizeiruf 110 „Ronny“: Es kommt anders, als man denkt

Ist er „nur“ weggelaufen, aus Angst, hat er einen Unfall gehabt, liegt irgendwo hilflos, oder ist er ermordet worden? Der Neue sagt, er sei nach dem Streit mit dem Kind nur spazierengegangen. Aber das brauche eine feste Hand. Der Erzieher, Thomas Schubert, sagt, er sei nicht wie verabredet mit Ronny angeln gegangen. Aber ein Alibi hat er nicht, auch taucht er im Polizeicomputer auf. Zwei prächtige Verdächtige. Schnell glaubt man, alles sortiert zu haben, aber dann kommt es dank eines feinen Drehbuchs von Jan Braren und der emphatischen Regie von Barbara Ott anders, als man denkt.

Hauptkommissarin Doreen Brasch misstraut erstmal jeder und jedem, das ist ihr Job. Also auch der Mutter, Ceci Chuh, die den Jungen ja versteckt haben könnte, weil sie glaubt, ihn nie wieder zurückzubekommen. Und die Leiterin des Heims, Maja Schöne, verhält sich ebenfalls seltsam. Andererseits: auch die Ermittlerin ist, wie man heute gern sagt, angefasst.

Claudia Michelsen als Hauptkommissarin zeigt Nerven, sobald sie das Gefühl hat, es wird nicht jeder Stein umgedreht, um den Jungen zu finden. Es soll kalt werden heut nacht. Ihr Chef, Felix Vörtler als Kriminalrat Lemp, muss diesmal vor allem beruhigend wirken. Ein Hubschrauber wird angefordert. Spürhunde auf den Weg gebracht. Bloß nützt es halt nichts.

Sonntags-Polizeiruf in der ARD liefert ein Ende, das nachschwingt

Keine Hauptkommissarin in „Ronny“, die mit gezogener Waffe herumrennt. Dafür eine, die auf ihr Bauchgefühl hört – „Der war es nicht“, sagt sie –, die in jeder Minuten zäh dabeibleibt, die nicht glauben will, dass das Kind tot ist. Die Mutter hat indessen kleine Steckbriefe hergestellt, fragt überall, läuft rum wie blind, gibt ebenfalls nicht auf. Trifft auf den Erzieher, pappt ihre Flyer auf seine Autoscheiben, er guckt bedröppelt.

Es gibt noch eine Überschneidung mit dem München-Tatort: auch in „Ronny“ taucht ein junger Mann, Gordon (Valentin Oppermann), ab in eine gewaltgesättigte Computerspiel-Welt, ist für die Erwachsenen kaum noch erreichbar, ist schnell genervt, mürrisch, störrisch und ein bisschen undurchsichtig. Oder ist es nur die ganz normale Pubertät?

Sind alle guten TV-Krimis einander ähnlich, während die schlechten auf unterschiedliche Weise scheitern? Vielleicht ist für ein Gelingen am wichtigsten, einen Erzählton zu finden und diesen 90 Minuten lang durchzuhalten, egal, ob es Münster’sches Gewitzel ist oder eine sorgfältige, emphatische Personen- und Milieuzeichnung wie hier. Dazu ein Ende, das nachschwingt.

„Polizeiruf 110: Ronny“, ARD, So., 20.15 Uhr.

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