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„Liaison“-Star Vincent Cassel: „Zweisprachige Serien sind ein Zeichen der Zeit “

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Der französische Schauspieler Vincent Cassel ist Fan des immer internationaler werdenden Filmangebots.
Der französische Schauspieler Vincent Cassel ist Fan des immer internationaler werdenden Filmangebots. © AFP

Schauspieler Vincent Cassel über seine neue englisch-französische Serie „Liaison“, nötige Perspektivwechsel in Film und Fernsehen und naive politische Botschaften

Monsieur Cassel, Ihre neue Serie „Liaison“ ist ein Thriller über Spionage und politische Intrigen. Sie spielen einen vom französischen Geheimdienst angeheuerten Söldner. Was macht diese Figur für Sie aus?

Dieser Mann ist im Grunde enorm einsam. Das sprang mir sofort ins Auge und ich wollte das unbedingt spürbar machen. Gleichzeitig war es mir wichtig, ihn so französisch wie möglich zu machen. Er hat eine gewisse Lässigkeit und nimmt die Dinge nicht zu ernst. Aber nicht auf diese nonchalant-britische Art eines James Bond. Sondern eher, weil er angesichts der Einblicke, die er durch seinen Job in die Mechanismen der Welt bekommen hat, eigentlich eine ziemlich düstere Weltsicht hat. Er ist ziemlich pessimistisch – und kann darauf nur noch mit Achselzucken und einer gewissen Heiterkeit reagieren.

Ihre Partnerin in der Serie ist Eva Green, mit der Sie im April auch in dem Kinofilm „Die drei Musketiere“ zu sehen sein werden. Kannten Sie sich vorher?

Tatsächlich waren wir uns vor „Liaison“ nie begegnet. Dabei bin ich ein Bewunderer seit ich sie vor 20 Jahren in ihrem allerersten Film „Die Träumer“ von Bertolucci gesehen habe. Vor einigen Jahren war ich schon einmal in ein Projekt involviert, für das ich sie unbedingt als meine Partnerin gewinnen wollte, doch das klappte leider nicht. Umso begeisterter war ich, als feststand, dass sie nun die Serie mit mir drehen würde. Dass wir direkt im Anschluss dann für den neuen „Musketier“-Film noch einmal zusammen vor der Kamera standen, war tatsächlich Zufall. 2021 wurde dadurch beruflich gesehen zu einem der besten Jahre meiner Karriere und ich bin in beiden Fällen sehr stolz auf die Arbeit, die wir geleistet haben.

Cassel als pessimistischer Söldner in „Liaison“.
Cassel als pessimistischer Söldner in „Liaison“. © Apple TV+

Sie drehen schon lange sowohl in Ihrer Muttersprache Französisch als auch auf Englisch. Aber eine zweisprachige Serie wie diese ist doch noch etwas Besonderes, oder?

Unbedingt. Und ein Zeichen der Zeit. Das Beste am Streaming-Boom der letzten Jahre ist ja, dass das Angebot dessen, was wir uns ansehen können, viel internationaler geworden ist. Die Menschen gucken heutzutage zu Hause viel mehr Produktionen aus anderen Ländern. Früher war praktisch die ganze Welt dominiert von Geschichten, die aus US-amerikanischer Perspektive erzählt wurden. Aber heute sind Filme aus Italien, Mexiko oder einem afrikanischen Land nur einen Klick entfernt. Und siehe da: Die Menschen interessiert das auch! Sie gewöhnen sich an andere Sprachen und Untertitel – und das zu mixen wie nun in „Liaison“ halte ich für eine smarte Entscheidung, denn es hilft dabei, den Markt weiter zu öffnen. Und ich persönlich finde es immer enorm spannend, wenn Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenkommen und gemeinsam an einer Produktion arbeiten.

Zur Person

Vincent Cassel (56), als Sohn eines Schauspielers und einer Journalistin 1966 in Paris geboren, ist seit seinem großen Durchbruch mit dem Film „Hass“ Mitte der Neunziger Jahre einer der bekanntesten Schauspieler Frankreichs. Mit Kollegin und Ex-Frau Monica Bellucci hat Castel zwei Töchter und eine weitere aus zweiter Ehe. Er lebt Paris.

Der César-Gewinner („Public Enemy No. 1“) stand mehrfach in Hollywood vor der Kamera, sei es für „Ocean’s 12“, „Black Swan“ oder „Westworld“.

Im Frühjahr 2023 ist Cassel so präsent wie lange nicht: In „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ (ab 18. Mai im Kino) spielt er Julius Casear, in „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ (ab 13. April im Kino) den Athos und nun ist er auch in der Thriller-Serie „Liaison“ (ab jetzt auf der Streamingplattform AppleTV+) zu sehen.

Haben Sie sich als Schauspieler verändert, als Sie anfingen auch außerhalb Frankreichs zu arbeiten?

Vielleicht nicht als Schauspieler, aber sicherlich als Mensch. Je mehr man reist und andere Sprachen und Kulturen kennen lernt, desto mehr entwickelt man sich zwangsläufig weiter und gewinnt neue Perspektiven hinzu. Wer mehr von der Welt verstehen und buchstäblich seinen Horizont erweitern will, sollte so oft wie möglich mal seiner Heimat den Rücken kehren. Ich habe ja auch mal eine ganze Weile im Ausland gelebt, und was soll ich sagen? Seit ich von außen darauf geblickt habe, verstehe ich zum Beispiel viel besser, wie Frankreich funktioniert.

Vincent Cassel an der Seite von Eva Green in „Liaison“.
Vincent Cassel an der Seite von Eva Green in „Liaison“. © Apple TV+

In „Liaison“ geht es, wie schon angedeutet, auch um politische Verstrickungen. Würden Sie sagen, dass die Serie eine politische Botschaft hat, die sie dem Publikum mitgeben will?

Das muss jeder für sich selbst herauslesen. Ich versuche ehrlich gesagt, mich eher von Projekten fernzuhalten, die ihre politische oder soziale Botschaft zu sehr vor sich hertragen. Oder zumindest sind das nie die Gründe, warum ich mich für eine Rolle entscheide. Ich suche mir meine Projekte aus, weil ich die Geschichten spannend und die Figuren komplex finde, nicht weil ich die Welt verbessern will. Wenn sich Schauspieler das in ihrer Arbeit zum Ziel setzen, finde ich das eher langweilig und vor allem naiv. Denn mir fallen gar keine Beispiele ein von Filmen oder Serien, die wirklich gesellschaftlich oder politisch etwas verändert hätten.

Ihr Vater Jean-Pierre Cassel war auch Schauspieler, doch Sie brauchten als junger Mann einige Jahre, bis Sie sich dazu durchrangen, in seine Fußstapfen zu folgen. Wie steht es heute um Ihre beiden älteren Töchter? Die größere ist immerhin inzwischen erwachsen und auch schon als Model tätig!

Tja, was soll ich sagen? Ihr Interesse ist natürlich geweckt. Was man ja auch verstehen kann. Ging mir es damals genauso, auch wenn ich dann auf Anraten meines Vaters kurz erwogen habe, etwas anderes zumachen. Aber letztlich hat er mir ja vorgelebt, wie viel Spaß dieser Beruf machen kann und wie toll es ist, ständig in neue Rollen zu schlüpfen. Er war wirklich glücklich als Schauspieler, auf der Bühne genauso wie vor der Kamera. Und es ist ansteckend, wenn man sieht, wie viel Spaß die eigenen Eltern bei der Arbeit haben. Meine jüngste Tochter ist noch ganz klein, und die beiden älteren haben sich anfangs nicht allzu sehr dafür interessiert, womit ihre Mutter und ich unser Geld verdienen. Aber inzwischen hat sich das doch geändert – und ich werde einen Teufel tun, ihnen das irgendwie auszureden.

Interview: Patrick Heidmann

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