„Fränkischer Trottel“ - Böhmermann demaskiert den Antihelden der CSU

Jan Böhmermann blickt im ZDF Magazin darauf, wie CSU-Politiker Christian Schmidt den Frieden in Bosnien gefährdet. Die TV-Kritik.
Die CSU hat merkwürdige Freunde: So hofierten die Bayern etwa den ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Jüngst sprach sich Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Konservativen im Europäischen Parlament, für eine Zusammenarbeit mit der italienischen Faschistin Giorgia Meloni aus. Jan Böhmermann wirft in seinem ZDF Magazin Royale einen Blick auf die Zusammenarbeit von CSU-Politiker:innen mit fragwürdigen Personen abseits der großen Öffentlichkeit – und behandelt den früheren Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.
Der Name kommt eher häufig vor – worauf Böhmermann unnötig oft herumreitet. Dass Christian Schmidt aus Obernzenn in Mittelfranken jedoch ein Kandidat für eine Satiresendung à la ZDF Magazin ist, lässt sich schon an einem kurzen Abschnitt seines Lebenslaufes erkennen: Im Zeitraum vom Dezember 2017 bis März 2018 findet sich der Eintrag „Geschäftsführender Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur“. Mutig, sich das in den Lebenslauf zu schreiben, schließlich ist man damit nicht gerade in bester Gesellschaft – vor allem in der CSU.
Jan Böhmermann (ZDF Magazin) widmet sich den Machenschaften des früheren CSU-Ministers Christian Schmidt
Vielleicht hat sich Christian Schmidt deshalb ins Ausland abgesetzt? Seit 2021 ist der CSU-Politiker jedenfalls Hoher Repräsentant in Bosnien und Herzegowina. In dieser Funktion soll er vor allem den Frieden im vom Krieg in den 90er Jahren gezeichneten Land sichern. Auch 30 Jahre später haben die Menschen noch keine Ruhe, schließlich kämpfen serbische und kroatische Nationalisten um ein Großkroatien bzw. -serbien. Genau die, die bereits im Krieg einen Genozid verübt hatten.
Sendung | ZDF Magazin Royale |
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Moderator | Jan Böhmermann |
Titel | Christian Schmidt – What is on? |
Hashtag der Woche | #schäufelegottes |
Termin | 17. Februar 2023 |
Online verfügbar bis | 16. Februar 2024 |
Keine leichte Aufgabe also, sich für ein demokratisches und rechtsstaatliches Bosnien und Herzegowina einzusetzen. Die „Bonn Befugnisse“ bzw. „Bonn Powers“ könnten helfen.
Jan Böhmermann lässt sich im ZDF Magazin von den „Bonn Powers“ inspirieren, Christian Schmidt zum Superhelden mit einer von den 90er Jahren inspirierten Actionfigur zu machen, wie es etwa die „Power Ranger“ waren. Einen passenden Werbespot gibt es zusätzlich. Wirklich schwer macht es sich Böhmermann bei der kleinen Transferleistung von „Power“ zu den Superhelden nicht.
Der Hohe Repräsentant und seine „Bonner Befugnisse“
Der Hohe Repräsentant in Bosnien und Herzegowina soll die Einhaltung des Dayton-Abkommens überwachen. Er soll unter anderem sicherstellen, dass die Institutionen effektiv arbeiten und den Staat dabei unterstützen, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie herzustellen.
Bei einer Tagung in Bonn 1997 hat der Friedensimplementierungsrat weitreichende Vollmachten für den Hohen Repräsentanten beschlossen, die deshalb als „Bonner Befugnisse“ oder „Bonn Powers“ bezeichnet werden. Der Amtsinhaber kann Gesetze erlassen, Behörden schaffen und gewählte Amtsträger:innen entlassen.
Er muss sich lediglich alle sechs Monate vor dem Friedensimplementierungsrat verantworten, der aus Vertreter:innen der Außenministerien von mehr als 50 Staaten besteht.
Böhmermanns ZDF Magazin erinnert zwischenzeitlich an Flachwitzefestival der Heute Show
Auch über Bayern (Franken sind mitgemeint) und die CSU zu lachen, ist keine wirklich neue Idee. Sie funktioniert aber eben meistens. Das beweist schließlich Oliver Welke mit seiner Heute Show schon etliche Jahre. Fragt sich nur, ob Böhmermann auf dem richtigen Weg ist, wenn seine Sendung zu sehr an das Flachwitzefestival auf dem etwas früheren Sendeplatz erinnert.
Zurück zur Heldenreise um Christian Schmidt. Der soll als Hoher Repräsentant den Frieden erhalten und das Land auf dem Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit begleiten – gegen Nationalist:innen, die, wie vor knapp 30 Jahren auch, das Land gerne zum Teil eines eigenen Großstaates machen würden. Keine leichte Aufgabe.
Böhmermann zeigt durch eine Reihe von Videos und Zitaten, dass Schmidt auch nicht gerade die Bestbesetzung für einen Vermittler in einem ethnischen Konflikt ist. Bei seinem Ja zu Glyphosat in der EU 2015 hat sich der CSU-Minister über Absprachen der Regierung hinweggesetzt und bereits 2007 ein problematisches Verhältnis zum Nazi-Piloten Werner Mölders gezeigt.
Wenn der Friedens- und Demokratiegarant zum Problem wird
In seinem Amt als Hoher Repräsentant hat sich Christian Schmidt die CSU-Angewohnheit zu eigen gemacht, zwielichtige Freunden zu haben. So traf er sich kurz nach Beginn der Amtszeit mit dem kroatischen Politiker Dragan Čović, der im Krieg Zwangsarbeiter eingesetzt haben soll. Statt eine serbisch-nationalistische Parade zu kritisieren, bei welcher der Sohn des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić, Danilo Vučić, zu Gast war, kritisierte Schmidt die Berichterstattung der bosnischen Presse.
In Bosnien gibt es schon länger Kritik an Christian Schmidt, der die kroatischen und serbischen Minderheiten bevorzuge. Seine Änderung am Wahlgesetz gebe kroatischen und serbischen Nationalist:innen unverhältnismäßig viel Einfluss. Noch am Tag der letzten Parlamentswahl in Bosnien am 2. Oktober 2022 änderte er nach Ende der Abstimmung das Wahlrecht. Davon profitierten laut ZDf Magazin Čović und seine Partei HDZ.
ZDF Magazin Royale in der Mediathek
Das ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann vom Freitag, 17. Februar 2023, ist in der ZDF-Mediathek abrufbar.
Böhmermann sagt es nicht an der Stelle, allerdings passt seine Aussage über Schmidt zu einem solchen Eingriff in die bosnische Demokratie: „Der fränkische Trottel-Prophet, der uns in Bosnien blamiert.“
Internationale Gemeinschaft sollte Rolle des Hohen Repräsentanten in Bosnien hinterfragen
Letztendlich zeigt Böhmermann im ZDF Magazin damit nicht nur die außenpolitisch immer wieder fragwürdige Rolle der Union auf, die etwa auch in der Aserbaidschan-Affäre auftraten. Auch das Amt des Hohen Repräsentanten in Bosnien und Herzegowina hat zu viele Rechte und ist durch die Ernennung durch ausländische Außenministerien zu schlecht legitimiert. Hier sollte sich auch die internationale Gemeinschaft fragen, ob ein solches Amt wirklich beim Weg zu einem demokratischen Rechtsstaat hilft oder nicht eher schadet. Im Fall Schmidt ist wohl Letzteres der Fall. (Max Schäfer)
Kürzlich hat sich Böhmermann im ZDF Magazin mit dem Klimawandel und dem Umgang der Superreichen mit der Krise beschäftigt.