„Bloodlands – Die Goliath-Morde“ heute im ZDF: Spuren der Verbrechen

Die von Chris Brandon geschriebene BBC-Serie überträgt den Begriff „Bloodlands“ auf die Geschichte Nordirlands.
Frankfurt - „Goliath“, so lautet der Name der riesigen Werftkräne auf der Postkarte, die der Mann von der Spurensicherung dem Ermittler Tom Brannick zeigt. Doch der Name ist mehr als die Bezeichnung der riesigen Stahlkonstruktionen, vor denen sich Brannick kurz darauf mit seinem Vorgesetzten trifft. Dort besprechen sie den Fall des verschwundenen Pat Keenan, in dessen im Hafen versenkten Auto die Postkarte gefunden wurde.
Von dem Fahrer des Wagens fehlt jede Spur, von seiner Vergangenheit bei der IRA wird gesprochen und von seinem Weg ins kriminelle Milieu nach dem Waffenstillstand der 1990er Jahre. Es sind vage Vermutungen, mit denen die Ermittler in den Fall einsteigen, doch hinter der stoischen Fassade Brannicks ist schon etwas in Bewegung geraten. Goliath das ist eine Chiffre, die auf die Geschichte Nordirlands verweist, aber auch in die Vergangenheit der Figuren.
ZDF zeigt „Bloodlands – Die Goliath-Morde“
Brannick und sein Chef Jackie Twomey hatten schon einmal mit einem ähnlichen Fall zu tun, damals im Jahr 1998, als der Waffenstillstand mit der IRA verhandelt wurde. Auf beiden Seiten des Konflikts waren damals Menschen verschwunden, die dem angestrebten Frieden in dem von Unruhen, Besatzung und Terror geprägten Land, im Wege standen. Darunter war auch Brannicks Frau, die zu der Zeit für den Geheimdienst arbeitete. Vermutet wurde ein Polizei-Insider hinter den Taten, den die Ermittelnden Goliath tauften.

Mit seiner Kollegin Niamh McGovern nimmt Brannick die Fährte erneut auf, doch die Suche nach der Wahrheit ist im Nordirland der Gegenwart noch immer eine gefährliche Angelegenheit. In Keenans Umfeld herrscht eine aggressive Ablehnung der Staatsgewalt und Brannicks ehemaliger Partner Twomey stellt sich einem erneuten Aufrollen der Vergangenheit in den Weg.
„Bloodlands“ (ZDF): BBC-Serie überträgt Titel auf die Geschichte Nordirlands
Der Historiker Timothy D. Snyder hat den Begriff ‚Bloodlands‘ mit seinem gleichnamigen Buch aus dem Jahr 2010 geprägt. Darin verweist er auf die Verwüstungen in den Ländern Zentral- und Osteuropas durch die Nationalsozialisten und die Sowjetunion unter Stalin. Durch den Krieg in der Ukraine wird Snyders Buch aktuell wieder viel diskutiert. Die von Chris Brandon geschriebene BBC-Serie überträgt diesen Titel auf die Geschichte Nordirlands. Das leuchtet ein, denn auch dieses westeuropäische Land hat eine blutige Vergangenheit, die geprägt ist von der gewaltsamen Unterdrückung durch den mächtigeren Nachbarn Großbritannien. Die Erde Nordirlands hat viel Blut gesehen im Verlauf des 20. Jahrhunderts und die Protagonisten der Serie machen sich daran, die Spuren dieser Verbrechen freizulegen.
Rolle | Darsteller:in |
---|---|
Tom Brannick | James Nesbitt |
Tori Matthews | Lisa Dwan |
Jackie Twomey | Lorcan Cranitch |
Niamh McGovern | Charlene McKenna |
Adam Cory | Ian McElhinney |
Izzy Brannick | Lola Petticrew |
Billy „Birdy“ Bird | Chris Walley |
Dinger | Michael Smiley |
Claire Keenan | Kathy Kiera Clarke |
Im Zentrum steht dabei eine Insel, auf der Brannick und seine Kollegen nach Antworten suchen, und die von der Serie immer wieder als Schnittpunkt unterschiedlicher Zeiten und Figuren ins Bild gesetzt wird. Auf ihr enden auch die beiden ersten Episoden der vierteiligen Miniserie der BBC, aus der das ZDF einen Zweiteiler in Spielfilmlänge montiert hat. Das nimmt dem Ende des ersten Teils ein wenig von der Spannung, da ihr offenes Ende nach einem Schnitt aufgelöst wird und die Dramatik der Inszenierung so ins Leere läuft.
„Bloodlands – Die Goliath Morde“ (ZDF) setzt mitunter auf unwahrscheinliche Zuspitzungen
An anderer Stelle setzt „Bloodlands – Die Goliath Morde“ dagegen auf Zuspitzungen, die ins Unwahrscheinliche abgleiten. Wie die Insel verschiedene Schicksale zusammenführt, wird auch zwischen den Figuren ein Netz an Verwicklungen aufzubauen, in der scheinbar alles mit allem zusammenhängt. Erzählt wird das mit einem Tempo, das zwar Spannung in die Aufklärung des Falls bringt, der Figurenentwicklung dagegen wenig Platz einräumt
„Bloodlands – Die Goliath-Morde“
ZDF, 17.04. 22.00 Uhr, Free-TV Premiere, in der Mediathek ab 17.04. 23.50 Uhr
Auch das zurückhaltend-verkniffene Spiel des Hauptdarstellers James Nesbitt gibt wenig Einblick in das, was ihn bewegt. Dadurch müssen immer wieder die Dialoge herhalten, um die inneren Regungen der Figuren zu erklären. Wenn McGovern und Brannick über das Verschwinden von dessen Frau sprechen, hört sich das so an: „20 Jahre. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlen muss.“ – „Grausam.“ Und nicht nur hier klingen die erklärenden Dialoge der Serie ausnehmend hölzern.
Das Ende des ersten Teils überrascht dann aber mit einer Wendung, die der Verschlossenheit Brannicks eine neue Bedeutung verleiht. Vielleicht werden damit die unzähligen Verbindungen und überkreuzenden Schicksale des Figurenensembles in der am Ostermontag laufenden Fortsetzung noch mal ins Gegenteil verkehrt. (Jendrik Walendy)