„Kommissar Dupin – Bretonische Idylle“ heute im Ersten: Hier asserviert der Commissaire noch selbst

Auch in Frankreich geschätzt: Trotz mittelmäßiger Machart ist die deutsche Krimireihe „Kommissar Dupin“ ein internationaler Verkaufsschlager.
Frankfurt – Wer in Kanada urlaubt und dort den Fernseher einschaltet, könnte auf ein bekanntes Gesicht treffen: den Schauspieler Pasquale Aleardi. Seit 2014 verkörpert der Schweizer in der Reihe „Kommissar Dupin“ die gleichnamige Hauptfigur. Für das Ausland offenbar so überzeugend, dass ein englischsprachiger Autor der Webenzyklopädie Wikipedia „Kommissar Dupin“ irrtümlich als französische Produktion einstuft.
Auch dort, wo die nach Regionalkrimis von Jean-Luc Bannalec alias Jörg Bong gedrehte Reihe angesiedelt ist, im bretonischen Concarneau, hatte man Aleardi schon auf dem Schirm. Dort liefen die bis 2018 gedrehten Episoden auf France 3 und erzielten im Durchschnitt einen beachtlichen Marktanteil von 15 Prozent. „Kommissar Dupin“ ist ein Verkaufserfolg. Auch italienische, schweizerische, spanische, serbische, sogar US-amerikanische Zuschauer sowie Streaming-Nutzer haben auf diesem Wege die Schönheiten der französischen Küste kennengelernt.
Denn die bilden wohl den größten Anreiz für Sender in aller Welt, diese deutsche Produktion mit dem pseudofranzösischen Commissaire anzukaufen.
„Kommissar Dupin“ im Ersten: Das seekranke Superhirn
Besondere Finesse in Inhalt und Optik weist die Reihe nicht auf, auch kein außergewöhnliches Personal, wie gerade die aktuelle Folge „Bretonische Idylle“, es ist die zehnte der Reihe, wieder anschaulich belegt.
Zwar heißt es in den Stabangaben stets „nach dem gleichnamigen Roman von Jean-Luc Bannalec“, aber das ist eher ein Pflichtverweis. Denn die jeweiligen Drehbuchautoren, im aktuellen Beitrag Eckhard Vollmar, gehen ihre eigenen Wege. Eine der vielen Abwandlungen besteht darin, Dupins Adlatus, Inspecteur Thierry Kadeg (Jan Georg Schütte), als komische Figur zu installieren, was Bannalecs Stoffe nicht besser macht.

„Kommissar Dupin“: Der grollende Großgrundbesitzer
„Zwei Superhirne auf dem Weg zu ihrem nächsten Fall“, frohlockt Kadeg übermütig, als er mit dem Chef auf die Insel Belle-Île übersetzt, wo sich ein Leichnam in einer Boje verfangen hat. Dupin bleibt einsilbig und versucht sich in Selbstbeherrschung – er ist seekrank.
Bald folgt der abgedroschene Running Gag mit dem unstandesgemäßen Auto. Kadeg treibt einen schnuckeligen knallgelben Citroën-Buggy auf. Dupin verzieht das Gesicht. Der Oldtimer ist eigentlich das richtige Fahrzeug für die kleine Insel, aber ein bisschen langsam für Polizeieinsätze und mit einem Verdeck versehen, das immer wieder eilig geschlossen werden muss, weil es auf der Insel laufend zu plötzlichen Regenschauern kommt. Das nun wiederum muss sein, weil es dem Commissaire später zur Lösung des Falles verhelfen wird.
Der Tote war Patric Provost, Besitzer umfassender und attraktiv gelegener Grundstücke, auf die sich diverse Begehrlichkeiten richten. Vordem hatte der mürrische Zeitgenosse alle Interessenten notfalls mit vorgehaltener Waffe davongejagt, zuletzt aber einen überraschenden Sinneswandel vollzogen.
Grollend verfolgte er, dass seine Ex-Frau Agnès glücklich in einer neuen Beziehung lebt. Er hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, Agnès (Anna Grisebach) zurückgewinnen zu können. Desungeachtet vergnügte er sich unterdessen mit Nachbarin Margot (Elzemarieke de Vos), was bei deren Ehemann wohl nicht unbemerkt blieb.
Rolle | Darsteller:in |
---|---|
Georges Dupin | Pasquale Aleardi |
Kadeg | Jan Georg Schütte |
Claire | Christina Hecke |
Agnès Griffon | Anna Grisebach |
Albert Zinc | Aurel Manthei |
Margot Fidelin | Elzemarieke de Vos |
Byn Fidelin | Martin Lindow |
Monette Megret | Katja Danowski |
Gendarmin Nevou | Gisa Flake |
Lilli | Tatjana Clasing |
Gendarm Yannick | Sebastian Kolb |
Patric Provost | Stephan Benson |
„Kommissar Dupin“: Sprachgewandte Statisten
Die Ermittlungen auf der Insel bringen es mit sich, dass die Zahl der Verdächtigen überschaubar bleibt. Klassische Detektivarbeit ist erforderlich, Kombinations- und Beobachtungsgabe. Weil Whisky und Parfüm eine Rolle spielen, werden – Stichwort gequälte Komik – Dupin und Kadeg auf der Suche nach dem passenden Odeur im Wortsinne zu Schnüfflern.
Der Rechtsmediziner hat wohl gerade frei, einen Erkennungsdienst gibt es, einmal mehr falsch als „Forensik“ bezeichnet, aber er tritt kaum in Erscheinung. Hier asserviert der Commissaire noch selbst, zieht immerzu in ausreichender Zahl Kunststoffbeutel, Eprouvetten und Schutzhandschuhe aus den gewiss kontaminationsfreien Taschen seines Jacketts, die so unerschöpflich erscheinen wie einst der Mantel von Harpo Marx.
„Kommissar Dupin: Bretonische Idylle“
Donnerstag, 14.4.2022, 20.15 Uhr, Das Erste und in der ARD-Mediathek
Eines mussten die Betrachter der französisch synchronisierten Folgen im Gegensatz zum deutschen Publikum nicht ertragen: dass die Komparsen Französisch, die Hauptfiguren aber Deutsch mit gelegentlichen gallischen Einsprengseln sprechen. Und haben die sprachbewussten stolzen Franzosen den dümmlichen Anglizismus „Wir müssen reden“ wohl durch einen vollwertigen Satz ersetzt? Vielleicht auch die knarrenden Dialoge verfeinert? Das würde die freundliche Aufnahme durch das französische Fernsehpublikum zumindest teilweise erklären. Oder es ergötzt sich an der unfreiwilligen Komik – das wird’s sein. (Harald Keller)