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Und in der Kirche grollt die Orgel

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Von: Sylvia Staude

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Bobrowski verschlägt es auf eine einsame Insel.
Bobrowski verschlägt es auf eine einsame Insel. © NDR

Kommissar Borowski landet auf einer ungastlichen Insel namens Sündengehölz und trifft dort eine Leidenschaftliche. Der "Tatort".

Die neue Borowski-Folge erfindet eine Insel namens Suunholt (auf Hochdeutsch etwa: Sündengehölz) im nordfriesischen Wattenmeer, lässt darauf von niemand Geringerem als dem Teufel reden und den wie immer im Grundton schlechtgelaunten Ermittler dramatische Alpträume haben.

Eine Windhose nähert sich übers dunkelgraue Meer, Schweine quieken apokalyptisch. Axel Milberg weiß aber bei Bedarf auch aus Bertolt Brechts „Erinnerung an die Marie A.“ zu zitieren: „An jenem Tag im blauen Mond September /Still unter einem jungen Pflaumenbaum/ Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe“. Auch wird Borowski durchaus der Intensität einer trostbedürftigen Frau namens Famke Oejen erliegen, gespielt von Christiane Paul. Auch wird sein Chef ihn erinnern müssen: „Klaus, du hast eine Abmahnung bekommen.“

Auf Suunholt jedenfalls findet die leidenschaftliche Famke ihren Freund Oliver tot in der Badewanne, als sie vom Schwimmen zurückkommt. Die Pathologin stellt fest, dass er unter Wasser gedrückt wurde, sicher von jemand Kräftigem. Die Polizei stellt außerdem fest, dass es sich um Oliver Teuber handelt, der in Kiel in einen Korruptionsskandal verwickelt war, verschwand – keineswegs spurlos, vielmehr ließ er viel Blut auf dem Wohnzimmerteppich zurück – und also doch nicht tot war, wie man glaubte, sondern auf Suunholt ein neues Leben begonnen hatte. Borowski findet es seltsam, dass Famke nie nach der Vergangenheit des Mannes fragte, der aus einem Auto und ihr blutend vor die Füße fiel.

Die Suunholter missbilligten das Paar aber aus Gründen des lockeren Lebenswandels, eines Lebenswandels, wie er schlecht unter den trüben, nassen Inselhimmel zu passen scheint. Famke macht doch bei jedem die Beine breit, behauptet die Zimmerwirtin, gewissermaßen ungefragt. Und: „Mit dem Teuber, da kam der Teufel auf die Insel“, sagt eine andere Frau.

Es stellt sich heraus, dass der Bäcker auf außerehelichen Sex mit Famke verzichten musste, als Oliver kam und sie sich verliebte. Rasend verliebte. War’s also der Bäcker? Die Bäckersfrau wiederum hätte eher ein Motiv, Famke Oejen umzubringen, jetzt, da sie wieder frei ist.

Ein „Land zwischen den Meeren“ haben sich Peter Bender, Ben Braeunlich (Buch) und Sven Bohse (Buch und Regie) ausgedacht, das gewittergrau, stürmisch, ungastlich – „Küche ist schon zu!“ – erscheint und von Menschen bewohnt wird, wie sie kauzig und grobschlächtig auch in einem Horrorfilm auftauchen könnten.

Besonders seltsam und verdächtig sind die, die immer Bibelsprüche auf den Lippen haben. Oder schweigen und in der Kirche eine grollende Orgel spielen. „Hier stimmt was nicht“ (Borowski) ist das Understatement des Abends. Und schon schleicht der Kommissar durch dunkle Flure und findet zwei liebevoll aufgebahrte Killer. Die Suunholter wissen eben, was sich gehört. Aber der Bäcker ähnelt hier einem nicht lange fackelnden Metzger, und alle zusammen sind unwirsch wie das nordfriesische Wetter.

Da Sarah Brandt sich hat versetzen lassen, Sibel Kekilli ausgestiegen ist aus dem Kieler Tatort, gibt man Axel Milberg für diesmal eine junge, klarblickende Ortspolizistin an die Seite. Anna Schimrigk spielt diese Maren Schütz als eine, die sich von einem Miesepeter doch nicht die Butter vom Brot nehmen und die Schneid abkaufen lässt. Wenn auf ihrer Insel einer zu schnell fährt, nimmt sie sich den zur Brust. Wenn sie hört, „hier stimmt was nicht“, ist sie alsbald zur Stelle.

Einmal mehr darf man bei der Auflösung von „Borowski und das Land zwischen den Meeren“ keine allzu großen Ansprüche an die Logik haben – das leicht Überkandidelte ist mittlerweile Tatort-Standard. Aber die düster-klaustrophobische Inselatmosphäre kommt doch gewinnbringend zum Zug.  

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