„Jauch-Gottschalk-Schöneberger-Show“ (RTL): Ein Fernsehabend ohne jegliche Höhepunkte

Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Barbara Schöneberger dürfen sich zur besten Sendezeit bei RTL austoben. Das gelingt aber nicht so recht.
Frankfurt - Weshalb zieht es auch im neuen Jahr 2022 die Menschen zur Primetime am Samstagabend vor die TV-Schirme? Steigende Corona-Infektionszahlen, Sperrstunden und Kontaktbeschränkungen könnten eine Erklärung sein. Die RTL-Show „Denn Sie wissen nicht, was passiert“, die mit den Moderationsurgesteinen Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Barbara Schöneberger aufwartet, ist mit Sicherheit kein Grund, sich den Abend auf der heimischen Couch um die Ohren zu schlagen.
Das Prinzip der Show ist schnell erklärt: Eine Person aus dem Moderations-Dreigestirn wird in der Live-Show zum Moderator ernannt, gestern Thomas Gottschalk, während Jauch und Schöneberger als Gastgeber-Team fungieren und in zehn Spielen gegen ein Gäste-Duo antreten, das mit Wigald Boning und Michael Mittermeier erfreulich angenehm gewählt wurde.
„Jauch-Gottschalk-Schöneberger-Show“ (RTL): Messlatte niedrig gelegt
Bereits nach 60 Sekunden haben die drei Gastgeber:innen die Messlatte für den Abend niedrig gelegt – und werden diese auch gar nicht erst versuchen, diese höher zu hängen: Während Barbara Schöneberger mit weit aufgerissenen Augen einen Après-Ski-Schlager in den ersten Kameraschwenk des Abends grölt und Günther Jauch sich im Kunstschneeregen von Köln-Hürth zu einem Kokser-Witzchen hinreißen lässt, lässt Thomas Gottschalk mit einem Pipi-Kacka-Witz über gelben Schnee erst gar keine Zweifel am Niveau des Abends aufkommen. Die Optik der RTL-Show nimmt den Ball nahtlos auf: Lieblos arrangierte Hütten- und Winter-Dekoration im Studio lässt die Phantasie erst gar nicht aufleben, dass Jauch, Gottschalk und Schöneberger sich mit ihren Gästen nicht vielleicht doch in winterlichen Gefilden anstatt im Studio im Rhein-Erft-Kreis befinden könnten.
TV-Show | Denn sie wissen nicht, was passiert! |
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Regie | Volker Weicker |
Ausstrahlung | seit 2018 |
Premiere | 18. August 2018 auf RTL |
Zwar verspricht der Titel „Denn sie wissen nicht, was passiert“ dem Publikum überraschende TV-Momente. Doch das Konzept der Show kommt in keinem Moment des Abends zum Tragen. Während Günther Jauch und Barbara Schöneberger mit der Ernennung Gottschalks zum Moderator des Abends zu Gästen in ihrer eigenen Show werden – und Gäste wissen in Spielshows in der Regel sowieso nicht, was auf sie zukommt –, moderiert Thomas Gottschalk mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung die Sendung routiniert und ohne jeglichen Höhepunkt weg.
Thomas Gottschalk versucht Längen in RTL-Show mit Witzchen zum Thema Gender zu überbrücken
Zwar weiß auch der altgediente Showmaster nicht, welches Spiel auf das vorhergegangene folgen wird. Dabei schafft es Gottschalk aber, während seiner Moderation den Charme des leicht dementen und verwirrten Großonkels zu versprühen, wenn er vor jedem Spiel durch das Studio irrt und das passende Kreuz auf dem Boden der Showbühne sucht, von dem aus er das nächste Spiel moderieren soll.
Dabei entstehenden unangenehmen Längen der Show versucht, die Gottschalk immer wieder mit noch unangenehmeren Witzchen zum Thema Gender zu überbrücken versucht. Und man wäre fast geneigt, sich an diesem Punkt aufzuregen. Doch Gottschalks Komik-Verständnis lockt das Publikum nach all den Jahren auch nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Und angesichts der ausgedehnten Langeweile und der fortgeschrittenen Stunde des Abends, sorgt Gottschalk nur noch für ein resignierendes Stöhnen, denn für einen gesteigerten Puls.
„Denn sie wissen nicht, was passiert“
Während auf dem zeitgleichen Sendeplatz bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz der berufsjugendliche Kai Pflaume Stars gegen Kinder antreten lässt – was im Lichte von „Denn sie wissen nicht, was passiert“ auf einmal wie ein aufregendes Show-Konzept erscheint –, produziert der Privatsender RTL einen Abend, der mit Jauch, Gottschalk und Schöneberger zwar 183 Jahre geballte Moderationserfahrung auf die Bühne bringt, letztlich aber nichts als viereinhalb Stunden konsequente Höhepunktlosigkeit hervorbringt und damit den Abend in die Bedeutungslosigkeit des TV-Nirwanas mäandern lässt.
Unerklärlich, weshalb RTL Jauch, Gottschalk und Schöneberger eine neue Staffel schenkt
Ebenso unerklärlich wie der Umstand, dass Barbara Schöneberger den Co-Gastgeber Günther Jauch viereinhalb quälende Stunden lang konsequent als „Herr Jauch“ anspricht, bleibt die Frage, weshalb RTL den drei Showmaster:innen zum neuen Jahr eine neue Staffel der Show spendiert. Bei allem Wohlwollen für Live-Shows im linearen Fernsehen wird doch einzig deutlich, weshalb sich Video-on-Demand- und Streaming-Dienste solch großer Beliebtheit erfreuen. Mit „Denn sie wissen nicht, was passiert“ präsentierte RTL einen Abend, an den sich in einer Woche weder die Zuschauer:innen noch das Moderationsdreigestirn werden erinnern können. (Moritz Post)