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TV-Kritik
Beispiel Iran: Böhmermann zeigt Konservativen, was „Freiheitskampf“ bedeutet
- VonMax Schäferschließen
Jan Böhmermann verschafft den Protesten im Iran im ZDF Magazin Royale Aufmerksamkeit und zeigt Konservativen, was „Freiheitskampf“ wirklich bedeutet.
Frankfurt - „Jin, Jiyan, Azadi“, auf Deutsch „Frau, Freiheit, Leben“: Seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini protestieren die Menschen im Iran mit diesem Slogan gegen das autokratische Regime. Frauen legen dabei ihre Kopftücher ab. Das Regime reagiert mit Gewalt: Es lässt die Proteste brutal niederschlagen sowie Beteiligte inhaftieren, foltern und hinrichten. Wer sich am Freiheitskampf beteiligt, riskiert das eigene Leben.
Jan Böhmermann macht den Einsatz der Iraner:innen für ihre Freiheit im ZDF Magazin Royale zum Thema. Er verschafft den Protestierenden die Bühne, die sie verdienen. Er erzeugt die Aufmerksamkeit, die nötig ist, um den Druck auf das Regime zu erhöhen.
Jan Böhmermann zeigt im ZDF Magazin Missstand in der deutschen Aufmerksamkeit für den Iran auf
Böhmermann schildert die Proteste, die Konsequenzen für die Beteiligten. Im Laufe der Sendung macht er die Brutalität im Vorgehen der iranischen Revolutionsgarden deutlich. Das ZDF Magazin zeigt, dass das auch in Deutschland passiert. Bei „uns“. Das Ganze passiert unter der Prämisse, dass der iranische Freiheitskampf mittlerweile in Vergessenheit gerate. Dabei hält Böhmermann viel zu lange am Witz des Vergesslichen („Worum geht es nochmal?“) fest. Da wünscht man sich zur Abwechslung beinahe eine hohle Quatsch-Phrase der Möchtegern-Business-Coaches aus der letzten ZDF Magazin-Folge. Die sind wenigstens abwechslungsreich.
Sendung | ZDF Magazin Royale |
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Moderator | Jan Böhmermann |
Titel | Irans brutalste Garde aktiv in Deutschland |
Hashtag der Woche | #deuschland |
Termin | 3. März 2023 |
Online verfügbar bis | 2. März 2024 |
Böhmermann will jedoch zeigen, wie er wieder Aufmerksamkeit für die Proteste im Iran herstellt: indem er das Handeln des Irans auch in Deutschland aufzeigt, das vor allem Exil-Iraner:innen und jüdische Menschen gefährdet. „Ich merke das richtig: Wenn es um Deutschland geht, werde ich richtig fokussiert und aufmerksam“, schließt der ZDF-Moderator.
Da hat er gar nicht so unrecht, schließlich hat auch das Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Schließlich ist er einer von „uns“, oder? Dabei ist Mensch doch Mensch und laut Amnesty International sind im Januar und Februar 2023 bereits mindestens 94 Menschen im Iran hingerichtet worden.
Böhmermann zeigt Liberalen den tatsächlichen Freiheitskampf der iranischen Frauen auf
Die eigentliche Pointe des ZDF Magazin Royale liegt jedoch woanders: Der Einsatz der Iraner:innen ist ein tatsächlicher Kampf für die Freiheit. Die Aussagen sogenannter Liberaler in Deutschland sind im Vergleich dazu das Quengeln eines Kindes, das noch ein Spielzeug haben will. Während die Iraner:innen ihr Leben für die Freiheit riskieren, setzen sich westliche Möchtegern-Liberale für den Fortbestand ihrer eigenen Privilegien ein – auf Kosten der Freiheit anderer.
Die Worte „Tempolimit“, „Letzte Generation“ und „Verbrenner-Aus“ sind für Liberale und Konservative dann genauso „bedrohlich“ wie Revolutionsgarden für die iranischen Oppositionellen. Was ist schon das Recht der Menschen im globalen Süden oder von zukünftigen Generationen auf eine einigermaßen intakte Umwelt im Vergleich zum Recht von Christian L., Volker W., Markus S., Ulf P. und Hubsi A., weiterhin mit Blinker links und Dauer-Lichthupe mit Tempo 200 im Verbrenner über die Autobahn zu brettern?
Böhmermann fasst die unterschiedlichen Perspektiven auf Freiheit treffend zusammen: „Hier heißt Freiheitskampf: Frikadelle im Porsche 911er fressen, ohne Tempolimit auf dem Weg nach Sylt und dabei Lisa Eckhart hören und an jeder Ampel ‚Fuck you, Greta‘ mit der Hupe morsen. ‚Fridays for Future? Nicht für mich!‘ [...] Die Menschen im Iran wollen irgendwie ganz andere Freiheit: So in der Öffentlichkeit tanzen oder sich küssen dürfen, ohne danach in den Knast müssen.“
Auch Böhmermann zeigt: Konservative unterstützen den iranischen Freiheitskampf
Selbstverständlich gilt: Das ZDF Magazin Royale bleibt eine Satiresendung – trotz ihres aufklärerischen Anspruchs, dem die Sendung in dieser Folge wieder einmal gerecht wird. Böhmermann spitzt zu. Das heißt konkret: Liberale und Konservative haben sich durchaus solidarisch mit den Iraner:innen gezeigt. Zahlreiche Politiker:innen haben Patenschaften für Inhaftierte übernommen, darunter CDU-Chef Friedrich Merz und FDP-Gesicht Christian Lindner.
ZDF Magazin Royale in der Mediathek
Das ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann vom Freitag, 3. März 2023, ist in der ZDF-Mediathek abrufbar.
Zudem hat auch etwa CDU-Politiker Norbert Röttgen eine mögliche Maßnahme präsentiert: Er will die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste der EU setzen. Eine Rede dazu zeigt auch Böhmermann im ZDF Magazin. Konservative und Liberalen wissen also auch, wie ein echter Freiheitskampf aussieht. Vor lauter Privilegien und wirtschaftlichen Interessen verirren sie sich nur gelegentlich in populistischen Scheindebatten. (Max Schäfer)
Wenn es einen Gott gibt, kann dieser ohnehin nicht gut sein, wenn man sich die Welt so anschaut. Und es war nie wirklich besser.
Freiheit ist immer auch die Freiheit des Schnellerfahrenden.
Das könnte das Motto des Herrn Reserveoffiziers C. Lindner und seiner willigen Minister sein.
Ich freue mich wirklich über jede/n, die/der nie Fehler macht. Danke für den Hinweis.
Übrigens:
ist auch ein schöner deutscher Satz.