„Hart aber fair“: Mit Karl Lauterbach als Gesundheitsminister können alle gut leben

Frei, gerecht, nachhaltig – die Ampel hat viel vor. Doch statt Neustart geht es bei „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg zuerst einmal wieder um Corona. Und um Karl Lauterbach.
Berlin - Man hatte sich für die Adventszeit besseres erhofft. Aber: Die Corona-Pandemie hat Deutschland wieder fest im Griff – und damit auch die bundesweite Talkshow-Landschaft. Frank Plasbergs Sendung „Hart aber fair“ in der ARD bildet hier keine Ausnahme und lässt die Bald-Regierungspartnerinnen Katrin Göring-Eckardt und Bettina Stark-Watzinger mit dem CDU-Bundesvorsitz-Anwärter Norbert Röttgen aufeinandertreffen, flankiert von virologischer und journalistischer Expertise.
Besprochen werden die Möglichkeiten einer Impfpflicht und eines neuen Lockdowns, die Risiken durch die Omikron-Variante sowie die Personalie Karl Lauterbach. Dass bei alledem die SPD durch physische Abwesenheit glänzt, sie wie ein Geist aber stets in der Diskussion präsent ist, passt dabei perfekt zum Verschwinde-Trick des Demnächst-Kanzlers Olaf Scholz seit der Bundestagswahl. Pfui Buh!
„Hart aber fair“ in der ARD: Norbert Röttgen gibt sich selbstkritisch
Gleich zu Beginn macht die Redaktion von „Hart aber fair“ noch einmal allen, die den November unter einem Stein verbracht haben, in einem Einspieler klar: Die Lage ist ernst, sehr ernst. Nur noch rund 2.500 von insgesamt 22.000 Intensivbetten sind bundesweit noch frei, so wenig wie noch nie seit Pandemiebeginn. Auf parteiübergreifende Versäumnisse in den letzten Wochen und Monaten als Ursache einigen die geladenen Politiker:innen sich relativ schnell und sogar Norbert Röttgen zeigt sich halbwegs selbstkritisch: „Wir waren zu spät in der alten Regierung und jetzt muss die Politik, am besten gemeinsam, endlich schneller und angemessener werden.“ Um wenig später aber auszuteilen: „Bevor die Ampel an der Macht war, hat sie signalisiert, es gibt die Freiheit zurück. Da hat sie sich vergaloppiert und aus dem Vergaloppieren und Verzögern kommt sie nun nicht heraus.“
„Hart aber fair“ in der ARD: Schluss mit den Machtspielchen – oder?
Die Maßnahmen, die jetzt rasch getroffen werden müssen, scheinen zumindest in der Theorie aber allen klar zu sein. „Die neue Regierung sollte auf die Opposition zugehen und die Opposition auf die Regierung“, sagt Röttgen, während die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt einstimmt mit „Es muss aufhören mit den Machtspielchen. Es geht jetzt darum, ein großes, gemeinsames Zeichen zu setzen. Und was wir tun müssen, liegt auf der Hand: Kontakte reduzieren, bundesweit und nach gemeinsamen Kriterien. Parallel dazu muss der Krisenstab dafür sorgen, dass ganz viele Menschen sehr schnell geimpft werden, damit wir nach der aktuellen Welle nicht gleich die nächste erleben.“
Und Bettina Stark-Watzinger, die angehende Bundesbildungsminiserin von der FDP, ergänzt: „Wir müssen daran arbeiten, dass Impflogistik und Impfmanagement besser werden.“ Bernd Ulrich von der Zeit hakt hier ein und knöpft sich dabei vor allem die CDU vor: „Gemeinsamkeit ist nicht das große Problem. Die Politik hat immer wieder zu spät reagiert und zu wenig getan – ‚zu früh und zu viel‘, das hat sie sich nie getraut. In der ersten Jahreshälfte 2021 hat die CDU die Corona-Politik zum Austragungsort des Machtkampfes zwischen Armin Laschet und Markus Söder benutzt und in der zweiten Jahreshälfte hat man gesagt, Laschets Wahlkampf darf nicht durch zu viel Wahrheit über Corona gestört werden.“ Was Röttgen nur mit einem Konter in Richtung Ampelkoalition und deren Abschaffung der Bundesnotbremse zu beantworten weiß.
„Hart aber fair“ in der ARD: Reaktiviert die Impfzentren!
Der Virologe Martin Stürmer kümmert sich im Verlauf von Frank Plasbergs Sendung dann um die wissenschaftlichen Fragestellungen zur aktuellen Pandemielage. In Sachen Boosterimpfungen empfiehlt er dringend die sofortige und unbürokratische Reaktivierung der Impfzentren und zeigt sich mit einem knappen „Das geht gar nicht“ fassungslos darüber, dass aktuell in manchen Regionen wieder Impfstoffmangel herrscht. Allen noch zögernden Booster-Kandidat:innen bzw. zweifelnden Ungeimpften gibt er mit auf den Weg, dass sie sich unbedingt jetzt boostern lassen sollten, weil die Anpassung des Impfstoffs an neue Virusvarianten zu lange dauere – ebenso wie die Freigabe des Totimpfstoffs, auf den manch Ungeimpfte warten würden.
Nur so könne man den Kreislauf aus Lockdowns und Lockerungen durchbrechen. Weltweit seien inzwischen acht Milliarden Impfdosen verimpft und Langzeitnebenwirkungen gebe es keine. Vor der neuen und möglicherweise hochansteckenden Omikron-Variante des Coronavirus warnt er indes: „Wir wissen noch nicht, wie gut der Impfstoff gegen sie wirkt und ob sie das Immunsystem umgehen kann. Momentan gibt es in Deutschland nur Einzelfälle. Das kann sich aber sehr schnell ändern.“ Umso wichtiger sei es, alle Kontakte nun etwa drei Wochen lang zu reduzieren, um Omikron präventiv einzudämmen.
„Hart aber fair“ in der ARD: Schulen offen, Bars zu
Damit ist er auf einer Linie mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, was auch für Katrin Göring-Eckardt gilt: „Es wird notwendig sein, Bars und Diskotheken dichtzumachen und möglicherweise auch die Gastronomie. Hätte man frühzeitig rigoros 2G gemacht, dann wäre man schon ein ganzes Stück weiter.“ An dieser Stelle bekommt sie jedoch Ärger mit Norbert Röttgen: „Die Leopoldina hat die neuen Maßnahmen der neuen Regierung ausdrücklich kritisiert, weil sie dem Staat und den Ländern Maßnahmen verbieten, die bislang möglich waren.“
Hart aber fair (ARD) mit Frank Plasberg | Die Gäste der Sendung vom 29.11.2021 |
Katrin Göring-Eckardt | B‘90/Grüne |
Bettina Stark-Watzinger | FDP |
Norbert Röttgen | CDU |
Dr. Martin Stürmer | Virologe |
Bernd Ulrich | Journalist |
Als Göring-Eckardt ihn dann mit einem „Können Sie sich einmal kurz abregen?“ angeht, entgleitet die Diskussion ins akustisch Unverständliche, bis Frank Plasberg, nicht ganz so souverän wie sonst, endlich einen erlösenden Einspieler abfeuert. Im Anschluss daran herrscht wieder parteiübergreifende Einigkeit: Kitas, Schulen und Seniorenheime sollten unbedingt offen gehalten werden, während volle Fußballstadien aktuell nicht tragbar seien. Die angehende Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont: „Es geht darum, Lösungen zu finden, für die Familien, für die Kinder, für die Studierenden und gegen die psychosozialen Schäden und den Bildungsverlust, die eingetreten sind.“
„Hart aber fair“ in der ARD: Impfpflicht in Sicht?
Eine Impfpflicht dürfte wohl bald kommen, zumindest wenn es nach den meisten „Hart aber fair“-Gästen geht. Auf Frank Plasbergs direkte Frage dazu antwortet Göring-Eckardt prompt, dass sie sich eine zweistufige Impfpflicht vorstelle: „Zuerst in Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Schulen und Kitas. Und dann sollte eine allgemeine Impfpflicht kommen.“ Über die Impfunwilligen sagt sie: „Niemand wird mit gewalttätigen Mitteln dazu gezwungen werden. Die Person muss aber wissen, dass sie etwas tut, was ihren Lebensraum sehr einschränkt.“ Selbst Stark-Watzinger scheint sich nicht um jeden Preis gegen eine Impfpflicht zu sperren: „Eine Pandemie muss man mit allen Mitteln bekämpfen, die verfassungsrechtlich möglich sind.“ Allerdings ergänzt sie: „Die FDP ist nicht Mahner oder Bremser, sondern Realist. Wir möchten den Menschen nichts versprechen, was gar nicht so schnell umsetzbar oder was rechtsunsicher ist.“
„Hart aber fair“ in der ARD: Liebe für Lauterbach
Gegen Ende könnte man die jüngste Ausgabe von „Hart aber fair“ (ARD) dann auch umtaufen in „Deutschland sucht den Super-Gesundheitsminister“. Mit einem eindeutigen Gewinner: Nicht nur in weiten Teilen der Bevölkerung, wie eine Straßenumfrage aus Neuss suggeriert, will man Karl Lauterbach auf dem Posten sehen. Am deutlichsten wird ausgerechnet Norbert Röttgen: „Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Vertrauen, all das hat er. Es täte der Politik gut, wenn er sich jetzt auch mal in einer Ministerverantwortung kümmert.“
Zur Sendung
Hart aber fair, ARD, von Montag, 29. November 2021, 21 Uhr.
Die Sendung in der ARD-Mediathek
Katrin Göring-Eckardt und Bettina Stark-Watzinger halten sich angesichts der vom Koalitionspartner noch nicht beschlossenen Personalie zwar etwas zurück, lassen aber durchblicken, dass auch sie mit einem Gesundheitsminister Lauterbach gut leben könnten: „Niemand in Deutschland kann politisch und fachlich so gut erklären, was gerade los ist“, meint Göring-Eckardt. Selbst Stark-Watzinger lobt: „Er hat dem Pandemie-Thema ein Gesicht gegeben, hat Menschen dafür interessiert, hat sich Kritik ausgesetzt. Das ist ein sehr mutiger Mann.“ Und Zeit-Journalist Bernd Ulrich fügt noch hinzu: „Lauterbach hat in den letzten Wochen, in denen man sich gefragt hat: ‚Wo ist eigentlich diese geschäftsführende Regierung? Wo ist eigentlich Herr Scholz?‘, alle Corona-Pfeile auf sich gezogen.“ (Peter Hoch)