Tarzan und Jane mit vertauschten Geschlechterrollen
Gelungener Mix aus Action und Humor: „The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ mit Sandra Bullock und Channing Tatum.
Frankfurt – Romantische Abenteuerfilme voll von geballter Action, mit Herz und Witz sind im heutigen Hollywood-Kino Fehlanzeige. Das war nicht immer so: In den 1980er Jahren waren „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ (1984) und „Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil“ (1985) - beide mit Michael Douglas und Kathleen Turner glänzend besetzt - beziehungsweise „Quatermain – Auf der Suche nach dem Schatz der Könige“ (1985) und die Fortsetzung „Quatermain II – Auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt“ (1987) mit Richard Chamberlain und Sharon Stone große Kassenhits.
Nun gibt es in diesem unverständlicherweise lange vernachlässigten Genre endlich ein neues Traumpaar: Channing Tatum und Sandra Bullock! „The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ bietet beste Unterhaltung und wurde anstelle des leidigen Greenscreens im Studio vorrangig an realen Schauplätzen in der Dominikanischen Republik gedreht!

Sandra Bullock als demotivierte Autorin in „The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“
Bestsellerautorin Loretta Sage (Sandra Bullock) steckt in einer Schreibblockade: Seit dem Tod ihres Mannes ist sie völlig demotiviert - sehr zum Verdruss ihrer resoluten Verlegerin Beth Hatten (Da‘Vine Joy Randolph). Mit Müh und Not kann sie ihr bestes Pferd im Stall dann doch noch dazu überreden, anlässlich einer längst gebuchten Promotour endlich einen neuen Roman zu schreiben. Das Resultat ist ein liebloser Mix aus schmachtender Erotik und Abenteuer-Thrill, das einmal mehr mit dem Stamm-Covermodel Alan (Channing Tatum) beworben wird. Während Loretta herzlich wenig von ihm hält, ist er von ihr restlos begeistert.
Deswegen startet er auch gemeinsam mit seinem Mediationsguru Jack Trainer (Brad Pitt) eine Rettungsaktion, als die attraktive Mittfünfzigerin vom gelinde gesagt exzentrischen Milliardär Fairfax (Daniel Radcliffe) entführt wird. Dieser glaubt nämlich, dass die Autorin ihm den Weg zu einem in ihrem Buch erwähnten und auf einer alten Karte dürftig skizzierten verschollenen Schatz namens „Crown of Fire“ auf einer abgelegen Vulkaninsel im Atlantik weisen kann...
„The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ - profitiert von künstlerischer Freiheit
Interessant: Im Gegensatz zu den „Quatermain“-Abenteuern wie „König Salomos Schatzkammer“ (1885), die von Sir Henry Rider Haggard (* 22. Juni 1856 in Bradenham Hall, Norfolk; † 14. Mai 1925 in London) ersonnen wurden, hat „The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ wie „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ keine literarische Vorlage. Diese künstlerische Freiheit haben die beiden Drehbuchautoren Dana Fox („The Wedding Date“, „What Happens in Vegas“) und Oren Uziel („22 Jump Street“, „Freaks of Nature“) im Einklang mit den beiden Inszenatoren Aaron und Adam Nee („The Last Romantic“, „Band of Robbers“) nach einer Idee von Seth Gordon (auch Regie bei „Kill the Boss“ und der Neuauflage von „Baywatch“ ) tüchtig genutzt, um ein Gag-Feuerwerk nach dem anderen zu zünden und die Spannungsschraube an den richtigen Stellen anzuziehen. Dazu gibt es einige Breaks und unvorhersehbare Momente. So wird - ohne allzu sehr zu spoilern - eine der tragenden Nebenfiguren, die sich quasi gerade zum dritten Hauptdarsteller neben Sandra Bullock und Channing Tatum aufschwingen wollte, auf sehr unsanfte Art im Wortsinn aus der Handlung geschossen.
„The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ - spielt mit Altersunterschieden
Die fast 16 Jahre Altersunterschied zwischen Tatum und Bullock, die auch als Co-Produzentin der abenteuerlichen Action-Komödie fungiert hat, spielen hier tatsächlich eine Rolle. Dies ist der Grund, warum er sie quasi als reife „Überfrau“ und Mutterersatz anhimmelt, während sie ihn zu Beginn als „Muskelmann“ und „Schönling“ abtut. Im Gegensatz zu seinem durchtrainierten Äußeren mimt das tatsächliche einstige Model am Anfang ungewohnt effeminiert, um dann in der Not seinen Mann zu stehen. Hier spielt „The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ geschickt mit den Geschlechterrollen: Eigentlich ist Channing Jane und Sandra Tarzan! Und wie wir alle wissen: Gegensätze ziehen sich an!
Köstlich ist Ex-„HarryPotter“ Daniel Radcliffe als eine Art großes Kind und James-Bond-Antagonist wie es einst Woody Allen in der Doppelrolle Jimmy Bond/Dr. Noah in der Parodie „Casino Royale“ (1967) war. Und Brad Pitt („The Tree of Life“, „Once Upon A Time In… Hollywood“) stiehlt in bester Charles-Bronson-Manier in seinen Szenen als cooler Survival-Experte sowieso allen die Show. Schon jetzt darf man auf das sich in der Vorbereitung befindliche „Masters of the Universe“-Reboot der Nee Brothers gespannt sein! (Marc Hairapetian)