Ein Menetekel. Leerstand und Niedergang drohen, zugleich die Überalterung. Lena (Rosalie Thomass) möchte Nachwuchs, aber Ehemann Willi (Matthias Ransberger) windet sich. Dann findet sie heraus, dass Willi im Web heimlich Pornos guckt, packt die Koffer und Ferkelchen Paul und geht.
Aufmerksame Zuschauer werden hier schon stutzen: Die Exposition der Geschichte besagt doch, dass die bestehende Datenleitung nicht einmal für die einfachsten Internetaktionen ausreicht. Pornographisches Material aber flitzt locker durch? Muss wohl am schlüpfrigen Charakter dieser Filme liegen.
Logik und Glaubwürdigkeit waren den Beteiligten merklich schnuppe. So wie die Qualität des Drehbuchs überhaupt. Das Autorenteam Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof greift ganz tief in die Klamottenkiste: Kaum haben die Damen das Wohlwollen der verantwortlichen Firmenchefin errungen, wird ihr Waltrauds Mittagessen über die weiße Bluse gekippt. Und der bedauernswerte Felix von Manteuffel musste sich in der Rolle des Heinz Wackernagel ohne sinnvolle dramaturgische Begründung die Haare blau färben lassen.
Viele Gags kommen quasi mit Ansage. Willi übt heimlich Tangotanzen und wird natürlich, wer hätte es nicht kommen sehen, von Lena ertappt, die die Situation selbstredend missversteht.
„Eine ganz heiße Nummer 2.0“, Donnerstag, 29.7.2021 , 20:15 Uhr, ZDF
Offenbar fehlte es auch an Gespür für das Überschreiten von Geschmacksgrenzen. Wenn Waltraud (Gisela Schneeberger) mit dem betagten Dr. Huber (Günther Maria Halmer) Telefonsex betreibt – ein thematischer Rückgriff auf den sehr erfolgreichen Vorgängerfilm – und der alte Mann in Waltrauds Anwesenheit in einer langen Sterbeszene sein Leben aushaucht, ist das alles andere als witzig. Wenn die Szene tragikomisch oder schwarzhumorig gedacht war, so ist das an mangelndem Feingefühl gescheitert.
Die rudimentäre Handlung: Lena möchte bäuerinnenschlau an einem Tanzwettbewerb im Nachbarort teilnehmen und die ausgeschriebenen 10.000 Euro als Anschubfinanzierung für die Glasfaserverlegung investieren. Bei einer Bürgerversammlung wird sie ausgelacht, nimmt das Vorhaben aber dennoch tapfer in Angriff und bildet mit Waltraud und Maria (Bettina Mittendorfer) eine Tanztruppe. Vorkenntnisse und Begabung bringt keine von ihnen mit.
Vielleicht liegt es an Lenas Gebet zur Jungfrau Maria mit der Bitte um ein himmlisches Zeichen, dass im nächsten Moment Jorge González auf einsamer Landstraße im Kabrio herangefahren kommt und prompt eine Reifenpanne hat. Jener deutsch-kubanische Choreograph, der durch die Castingshows des Privatfunks wandert und dort mit seiner extravaganten Garderobe zum Blickfang geworden ist. Man hätte ihm selbstironische oder auch parodistische Szenen auf den schlanken Leib schreiben können, aber so viel Mühe wollte wohl niemand investieren. Wie gewohnt radebrecht González von „Chicas“ und lehrt die drei Grazien laufen und tanzen und den Erwartungen eines einschlägig konditionierten Publikums zu entsprechen. Warum eigentlich tanzen nicht die Männer in aufreizender Bekleidung?
Die Geschichte hangelt sich von Gag zu Gag, gleicht eher einer Nummernrevue oder einer derben Posse volkstümlicher Mundarttheater. „Komödienstadel 2.0“ im ZDF, wenn man so will.
Regisseur Rainer Kaufmann, einst mit Arbeiten wie „Marias letzte Reise“ und „In aller Stille“ hervorgetreten, findet inszenatorisch keine einheitliche Linie, auch keine ansprechenden geschweige denn originelle Bilder. Meist chargieren die Schauspieler, dass es nur so knattert, lassen nur in einigen wenigen stilleren Szenen ihre Klasse erkennen.
„Eine ganz heiße Nummer 2.0“ (ZDF) | Die Rollen und ihre Darsteller:innen |
Lena | Rosalie Thomas |
Maria | Bettina Mittendorfer |
Willi | Matthias Ransberger |
Moni | Franziska Schlattner |
Heinz | Felix von Manteuffel |
Loisi | Tristan Seith |
Franz Oberbauer | Johann Schuler |
Jorge González | Jorge González |
Manni | Hardy Krüger jr. |
Dr. Huber | Günther Maria Halmer |
Dieses Lustspiel mit marginalem Humorgehalt wurde gefördert vom Filmfernsehfonds Bayern, der Filmförderungsanstalt (FFA), der Beauftragten der Bundesregierung, dem Deutschen Filmförderfonds.
Da über solche Zuwendungen in der Regel auf Drehbuchbasis befunden wird, drängt sich beinahe der Gedanke auf, dass zwischen Antragstellung und Umsetzung etwas mächtig schiefgelaufen sein muss.
Vor einiger Zeit kursierte das geflügelte Wort, Fernsehen sei das neue Kino. Filme wie dieser sind der Grund, warum das für viele Fernsehzuschauer wie eine Drohung klang. (Harald Keller)