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Dortmund-Tatort „Love is pain“ im Ersten: Wie nach Schema F

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Von: Judith von Sternburg

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WDR-Tatort „Love is pain“ aus Dortmund: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger, l.) mit der Super-Recognizerin Beate Gräske (Sar Adina Scheer).
WDR-Tatort „Love is pain“ aus Dortmund: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger, l.) mit der Super-Recognizerin Beate Gräske (Sar Adina Scheer). © WDR/Ester.Reglin.Film/Martin Rot

„Love is pain“: Ein Dortmund-Tatort mit finsterem Fall und Privatsorgen aller Art. Teilweise wird die Logik außer Kraft gesetzt.

Trauer ist ein relativer Begriff. Im Leben hat sie unter Umständen eine sehr hohe Halbwertzeit, im TV-Krimi läuft sie meistens zügig ab. Stoisch setzt Karow in Berlin seine Arbeit ohne Rubin fort, und schon wurde, noch dazu durch eine Doppelfolge intensiviert, eine würzige Zusammenarbeit mit einer interessanten anderen Frau eingeleitet. Und es ist erst recht nicht gut, dass es bei der Dortmunder Kriminalpolizei ohne Bönisch weitergehen muss, aber es geht natürlich.

Kurz zum Stand der Dinge: Faber, Jörg Hartmann, ist unglücklich, aber rasiert und so weit wiederhergestellt, dass er eine Nuance befremdet darüber sein kann, wie er hier anscheinend als Chef abserviert werden soll. Denn Herzog, Stefanie Reinsperger, hat sich als kommissarische Leiterin bewährt. Jetzt taucht allerdings Herzogs unglückselige Mutter schon wieder auf, die als RAF-Terroristin (der soundsovielten Generation, es ist kaum zu fassen) gesucht wird, aber schwer krank ist und dringend ärztliche Hilfe braucht. Wie wird sich Rosa entscheiden? Pawlak, Rick Okon, will mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen und ist darum ganz froh, dass Herzog ihm auf dem Chefposten vorgezogen worden ist. Jetzt klagt aber Pawlaks böse Schwiegermutter und bekommt das Sorgerecht für die kleine Mia. Wie kommt Jan damit zurecht?

Dortmunder Tatort „Love is pain“ in der ARD: Schema F

So gerät man unversehens in die Gefilde einer Vorabendserie, Teil 1345, und das ausgerechnet im Dortmunder Tatort, wo auf Authentizität so großer Wert gelegt wird und das Team das schauspielernd auch einlösen kann. Sogar diesmal, sogar in dem Schema F, mit dem das Buch von Hanno Hackfort und Bob Konrad operiert, sobald es paritätisch in die Privatsphären geht und jeder ein Päckchen zu tragen hat.

Sabine Bernardi setzt „Love is pain“ in Szene, der als Kriminalfall finster und groß beginnt. Die Brutalität des Mordes, dem bald ein zweiter folgt, ist überwältigend und nachher nicht so einfach in Einklang zu bringen mit der Auflösung. Aus der scheinbaren Beliebigkeit – und nichts erschreckt mehr als ein beliebiger Mord, unvergessen und unübertroffen darum der Münchner Tatort „Die Wahrheit“ – wird dann doch eine verschlungene Geschichte, eben von Liebe und Schmerz und Liebesschmerz.

Dortmunder Tatort „Love is pain“ (ARD): Logik außer Kraft gesetzt

Ein kleiner Clou ist, dass wir und die Polizei den Täter von vornherein sehen und bald auch wissen, wer es ist. „Love is pain“ zieht seine Intensität daraus, dass einer so sehr will, was er will, dass er die Gesetze von Logik und Polizeiarbeit für ein Stündchen außer Kraft setzt. Das funktioniert vorerst, anschließend ist man dann immer etwas enttäuscht. Doch nur ein Mensch, der mit Grund unglücklich ist.

Plausibler erscheint die stark spielende Silke Geertz als Mutter eines jungen Mannes im Wachkoma. Wenn Erschöpfung und Konzentration ein Gesicht haben können, dann ist es hier zu sehen. Ein weiterer kleiner Clou ist eine Super-Recognizerin (Sar Adina Scheer), die von der gut vernetzten und souverän im Team arbeitenden Herzog hinzugezogen wird. Erstens ein interessanter Beruf und erfreulich für alle, die sich Sorgen machen, weil ihr Computer so viel schlauer ist als sie. Zweitens ist es apart zu sehen, wie Faber – Hartmann wieder glanzvoll – sich nur hauchzart davon anfassen lässt, dass Dinge auf einmal an ihm vorbeilaufen.

„Tatort: Love is pain“, ARD, So., 20.15 Uhr.

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