Nach Verbot von Deutsche Welle: Roth sieht Krise in deutsch-russischen Beziehungen

Russland verbietet die Deutsche Welle - als Reaktion auf des Sendestopp von RT Deutschland. Kulturstaatsministerin Roth sieht Anschlag auf die Pressefreiheit.
Update vom Freitag, 04.02.2022, 08.17 Uhr: Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat das Sendeverbot für die Deutsche Welle (DW) in Russland als „Anschlag auf die Pressefreiheit“ und „Ausdruck einer großen Krise“ in den deutsch-russischen Beziehungen gewertet. Die Reaktion der russischen Seite auf das Sendeverbot für den russischen Staatssender RT DE in Deutschland sei „überhaupt nicht akzeptabel“, sagte Roth am Freitag im „Morgenmagazin“ der ARD. Der Vergleich zwischen beiden Vorgängen sei „absolut hinkend“.
„RT Deutschland hat nicht einmal versucht, eine Lizenz zu bekommen“, sagte die für Medien und Kultur zuständige Staatsministerin und verwies auf die staatsfern organisierte Medienaufsicht in Deutschland. Nicht die deutsche Regierung habe RT DE das Senden verboten, das sei unabhängig und nach Recht und Gesetz zu entscheiden. „Und die Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass man ohne Lizenz nicht senden darf. Das gilt für jeden Sender“, sagte Roth.
Nach Ausstrahlungsstopp von russischem Staatssender: Russland verbietet Deutsche Welle
Erstmeldung: Moskau - Russland hat am Donnerstag mit drastischen Maßnahmen auf die Einschränkung der Senderechtes des russischen Auslandssender RT Deutsch (RT DE) in Deutschland reagiert. Wie das russische Außenministerium mitteilte, wird das Korrespondentenbüro des Senders Deutsche Welle (DW) in Moskau geschlossen. Man entzieht allen Mitarbeitern des Büros die Akkreditierung.
Die Ausstrahlung des Programmes wird verboten. Und die zuständigen Behörden starten ein Verfahren, um die Deutsche Welle zum ausländischen Agenten zu erklären. Außerdem soll eine Liste aller Vertreter deutscher Behörden und Verbände erstellt werden, die an den Einschränkungen gegen RT DE beteiligt waren. Ihnen wird die Einreise nach Russland verboten. Weitere Informationen über nachfolgende Gegenmaßnahmen werde man beizeiten veröffentlichen.
Medienrechtliche Zulassung: Mitarbeiter von RT DE dürfen weiterhin in Deutschland arbeiten
Damit reagierte Russland viel heftiger als erwartet. Unter deutschen Korrespondenten in Moskau galt es noch gestern als wahrscheinlich, dass der Deutschen Welle die Sendelizenz für Russland entzogen wird, dass aber die Arbeit des DW-Korrespondentenbüros nicht beeinträchtigt wird. Und russische Medien berichteten von einer möglichen Einschränkung für die Reklame deutscher Unternehmen bei russischen Internetmedien. Außerdem wurde Maßnahmen gegen die Plattform YouTube diskutiert, die den deutschsprachigen Kanal von Russia Today (RT) gesperrt hatte, er soll Fake-News zur Corona-Pandemie verbreitet haben. Aber es kam anders.
Am Mittwoch hatte die deutsche Rundfunkkommission ZAK dem russischen Auslandssender die Ausstrahlung seines deutschsprachigen Programms mangels medienrechtlicher Zulassung untersagt. Der deutsche Ableger des Staatssenders RT DE kann in Deutschland lediglich über sein Internetportal oder die Plattform Tiktok empfangen werden. Allerdings arbeiten die Mitarbeiter von RT DE weiter unbehelligt, von einer Schließung des Büros ist bisher keine Rede. In Moskau sind fünf Korrespondenten der Deutschen Welle von dem Arbeitsverbot betroffen, drei von ihnen arbeiten für das russische Programm.
Vorwürfe aus Russland nach Sendeverbot für RT DE: Sender will gegen Entscheidung klagen
Wladimir Putin sprach deshalb von Diskriminierung, Berlin trete die Freiheit des Wortes mit Füßen, verlautbarte das russische Außenministerium. Deutsche Politiker verweisen auf Gesetze, die ausländische Staatskanäle in Deutschland verbieten, die russische Seite verweist dagegen darauf, RT sei nach russischem Recht eine „autonome nichtkomerzielle Organisation“. Und ein hoher Beamter sagte der Zeitung Kommersant: „Haushaltsmittel vom Staat erhalten auch die Deutsche Welle, BBC und viele andere Medien, die die Möglichkeit haben in Deutschland zu arbeiten.“
RT ist umstritten, viele westliche Beobachter betrachten die Anstalt als Propagandasender, der mit hohem Aufwand scheinbar neutrale Berichte und Unterhaltungsdokus neben Verschwörungstheorien und gezielten Falschinformationen platziert. Und nach eigenen Angaben ging RT DE im Dezember mit allein 70 Mitarbeitern in Berlin an den Start. RT will gegen das Ausstrahlungsverbot in Deutschland klagen, die Deutsche Welle wird in Russland wohl kaum die Möglichkeit haben, die Schließung ihres Büros auf dem Rechtsweg zu verhindern.
Russischer Staatssender RT DE: Deutschen Korrespondenten drohen Probleme
Die Pressestelle des russischen Außenministeriums forderte gestern deutschen Korrespondenten in Moskau auf, bis zum kommenden Dienstag mitzuteilen, ob ihre Medien „direkt oder indirekt“ finanzielle Unterstützung durch die Regierung Deutschlands oder anderer Länder erhalten. Außerdem, ob sie Mitglieder des Deutschen Journalistenverbandes sind, der RT DE stark kritisiert hatte. Den deutschen Korrespondenten in Moskau drohen noch eine Menge Probleme. (Stefan Scholl)