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„Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“ (Arte): Drastische Sprache und unbequeme Wahrheiten

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Von: Tilmann P. Gangloff

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Eine Klimaschützerin hält ein Schild bei einer Demonstration in die Höhe. Darauf steht: „We need a change.“
Arte widmet dem Thema Klimaschutz einen Themenabend. Die Doku „Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“ macht den Auftakt. © HALFPOINT/Arte

Arte widmet dem Kampf ums Klima einen über vier Stunden langen Themenabend und zeigt unter anderem, was wir alle tun können, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.

Es ist nachvollziehbar, dass sich Arte bei einem Themenabend über das Weltklima und den Klimawandel erst mal am großen Ganzen abarbeitet; doch die deutlich spannendere der beiden Dokumentationen, die der Kulturkanal unter dem gemeinsamen Titel „Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“ zeigt, ist die zweite. Bevor jedoch die Journalistin Anna Marohn aus ganz persönlicher Sicht beschreibt, was individuell möglich ist, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, erzählen Lena Müller und Alexander Ebert die Geschichte der Weltklimakonferenzen.

Die filmische Fleißarbeit ist allerdings recht uninspiriert konzipiert. Das beginnt mit der auch schon längst abgenutzten Methode, möglichst pointierte Aussagen der verschiedenen Expertinnen und Experten an den Anfang zu stellen, und reicht bis zur stets einfallslos und oft auch ungelenk wirkenden Einführung dieser Menschen, die erst mal mit wichtiger Miene an der Kamera vorbeilaufen müssen. Da andererseits viele Interviews offenbar per Video stattgefunden haben, verlaufen die Gespräche Auge in Auge mit dem Publikum, was bei unmoderierten Sendungen nach wie vor gewöhnungsbedürftig ist.

„Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“ (Arte): Gelungene Auswahl der Expert:innen, Bilder werden vernachlässigt

Größeres Manko der Dokumentation „Im Maschinenraum der Politik“ ist die konsequente Vernachlässigung der optischen Ebene. Die Bilder, mit denen die Aussagen im geteilten Bildschirm illustriert werden, stammen ausnahmslos aus Archiven, sind größtenteils völlig beliebig und dienen einzig und allein dem Zweck, den Film nicht ausschließlich aus redenden Köpfen bestehen zu lassen; derlei ist zudem erst recht ermüdend, wenn ein Experte ein Schriftstück vorliest. Immerhin sind die Damen und Herren sehr gut ausgewählt. Sehr interessant sind zum Beispiel die Ausführungen von Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sowie die Einblicke eines amerikanischen Ex-Lobbyisten, der die Seiten gewechselt hat.

Fesselndste Gesprächspartnerin ist die Historikerin Susanne Götze, die sich auf die Geschichte der Klimapolitik spezialisiert hat. Sie trägt ihre Erläuterungen ausgesprochen lebhaft vor, kommt ohne mit Fremdwörtern gespickte Schachtelsätze aus und greift gern auch mal zu drastischer Umgangssprache („kackdreist“), um die Unerhörtheit eines Vorgangs zu bekräftigen. Die ausgewogene Mischung der Sachverständigen schließt immerhin auch das Verhältnis von Männern und Frauen mit ein; sonst dominierend in Produktionen dieser Art in der Regel die Männer.

„Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“

Dienstag, 26.10.2021, Arte, 20.15 Uhr, Mediathek

Sehenswert ist der Film auch wegen der gelungenen Reduktion von Komplexität: Es ist Müller und Ebert tatsächlich gelungen, siebzig Jahre Klimapolitik in gut fünfzig Minuten zu erzählen. Genau genommen müsste es allerdings Antiklima-Politik heißen: Die Folgen des vor allem durch die Industrie verursachten Klimawandels sind bereits in den Fünfzigerjahren prognostiziert worden, und genauso alt ist die viele Jahrzehnte lang äußerst erfolgreiche Methode der Ölkonzerne, diese Konsequenzen mit Hilfe einer überaus effizienten Lobbyarbeit kleinzureden; mit der „Macht der Lobbyisten“ beschäftigt sich um 22.00 Uhr eine weitere Dokumentation dieses Abends.

Nach „Aufgeheizt – Der Kampf ums Klima“ nimmt Arte das Subjekt in den Blickpunkt

Im Anschluss an den frustrierenden Besuch des „Maschinenraums“ zeigt Arte, was die Mannschaft tun kann. Schon der Tonfall von Marohns Film ist ein ganz anderer, zumal die Autorin auch ihre eigene Hauptdarstellerin ist. Ihre Haltung hat sich radikal gewandelt, seit sie Mutter ist. Bis dahin war auch sie eine der vielen Deutschen, die sich für umweltbewusst halten und ihren Müll trennen, aber unbekümmert durch die Welt fliegen. Sehenswert ist „Mein Fußabdruck, das Klima und ich“ vor allem wegen des konsequent subjektiven Ansatzes, denn gerade dadurch lässt sich prima andocken; so durchforstet die Journalistin zum Beispiel gemeinsam mit einer Expertin für faire Mode ihren Kleiderschrank. Neben ihrer eigenen Kleinfamilie wirken auch ihre Eltern mit.

Zwischendurch veranschaulichen Grafiken, warum zum Beispiel der Verzehr von Biofleisch im Hinblick auf den Klimawandel sogar noch schädlicher ist der Kauf von Billigware; bei Hafermilch sieht das dagegen ganz anders aus. Es wird kein Zufall sein, dass die Erklärstücke auch wegen Marohns launig-leutseligem Sprachstil an die „Sachgeschichten“ aus der „Sendung mit der Maus“ erinnern.

Abgerundet wird der über vier Stunden lange Themenabend durch „Kinder der Klimakrise“ (23.00 Uhr). Irja von Bernstorff stellt in ihrem neunzigminütigen Dokumentarfilm vier Mädchen aus Indien, Australien, Indonesien und dem Senegal vor, die alle direkt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind und sich aktiv für den Schutz der Umwelt engagieren. (Tilmann P. Gangloff)

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