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Schwarzwald-Tatort „Unten im Tal“: Kein Grund zu Eile

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Von: Judith von Sternburg

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In Erinnerungen versunken: Elif (v.l.), das mutterlose Mädchen, die Großmutter. SWR/Benoit Linder
In Erinnerungen versunken (v.l.): Elif, das mutterlose Mädchen und die Großmutter. © SWR/Benoît Linder

Der Schwarzwald-Tatort „Unten im Tal“ in der ARD bietet diesmal einen klassischen Dorfkrimi, allerdings einen finsteren.

Auf dem Dorf ist die Sünde sogar außerordentlich weit verbreitet, aber sie ist manchmal besser versteckt. Vor allem versteckt sie sich sehr gut vor Fremden. Auch im Schwarzwald-Tatort „Unten im Tal“ muss es sie geben, die Sünde, vor vielen Jahren verschwand eine junge Frau, deren vergrabenes Skelett jetzt durch Zufall gefunden wird. Tobler und Berg, Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner, waren damals mit dem Fall befasst und sind sofort wieder engagiert, aber auf die Tobler-Berg’sch unaufgeregte Art. Rosa hieß sie, ein schöner Name, keiner fällt öfter als ihrer, der eines Menschen, der schon so lange tot ist.

Der zeitliche Abstand macht es kriminalistisch nicht leichter, hat aber dramaturgisch die – vertraute, wirkungsvolle – Folge, dass die Familie von damals überzeugend zwischen unvergänglicher Trauer und dem Versuch, trotzdem weiterzumachen, zu sehen ist. Autorin Nicole Armbruster und Regisseurin Julia Langhof nehmen sich dafür Zeit. Heute ist die Konfirmation von Rosas Tochter, einem in sich gekehrten Mädchen (Carlotta Bähre). Cornelius Obonya und Inka Friedrich als ernste Großeltern und Tonio Schneider als der insgesamt nicht sehr für voll genommene damalige Freund der Tochter umhüllen das Mädchen mit Liebe und atemberaubender Traurigkeit, von der es sicher nicht zu viel spüren soll. Sie ist es nicht anders gewöhnt, ihr Leben lang muss es so gewesen sein, aber beim Zuschauen macht es betroffen, das bleierne, scheinbar zur Ruhe gekommene, aber jedem ins Gesicht geschriebene Unglücklichsein. Die Nachricht, das Rosa gefunden worden ist, hat eine erleichternde Seite, auch das ist in Ruhe zu sehen.

Düsterer Tatort in der ARD: „Unten im Tal“

Was die Schwangerschaft Rosas, befreundet mit einem anderen Teenager, damals für ein Stress und Drama war, wird in Rückblenden nach und nach erst deutlicher. Der am Sonntagabend dann doch erforderliche Zufall will es, dass der Cousin des Vaters wieder im Ort ist. Aurel Manthei zeigt den gleichfalls stillen Menschen, der damals unter Verdacht stand, später volltrunken seine Freundin erschlagen hat und jetzt aus der Haft entlassen worden ist. Er ist unerwünscht im Dorf, will auch nicht bleiben.

„Tatort: Unten im Tal“: ARD, Sonntag (12. Februar), 20.15 Uhr

Erst recht nicht hier sein will Elif, Canan Samadi, auch sie damals Teil der nicht besonders fröhlichen Dorfjugend. Jetzt arbeitet sie als Ärztin in der Stadt, „Unten im Tal“ ist beklemmend genug, um ein wenig erleichtert darüber zu sein, dass man auch von hier wegkommen kann. Für den Moment jedoch haben Berg und Tobler das ehemalige Personentableau beisammen, um noch einmal von vorne überlegen und fragen zu können. Was soll das nützen? Der verdächtige Cousin zum Beispiel hat sich blendend im Griff (Tobler, denn etwas zu meckern gibt es immer: „Der redet so austherapiert“).

Bilderbuchdorfkrimi: Tatort „Unten im Tal“ in der ARD

Erst geht es ohnehin sehr langsam voran, in der Sache und im Ton, denn Grund zur Eile ist seit vielen Jahren nicht mehr geboten. Tobler trifft nachts ausführlich einen Wolf – auf der Weide am Morgen offenbar fast immer tote Schafe, im Krimi bloß eine blutige Grundierung –, Berg bietet Äpfel an. Überhaupt gibt es überall Äpfel, der Appetit wird nicht ausbleiben, und vielleicht kauft man sich am besten schon vorher am Samstag auf dem Markt eine kleine gediegene Auswahl heimischer Sorten.

Dann gibt es allerdings eine weitere Leiche. Das erhöht das Tempo in Maßen. Tatsächlich ist „Unten im Tal“ ein Bilderbuchdorfkrimi. Unselig sogar die Dorfkneipe, in der der Wirt dem glücklosen Haftentlassenen penetrant Schnäpschen hinstellt – schon ein Bier würde aber gegen die Bewährungsauflagen verstoßen. Kammerspiel-eng hängt das Personal hier aufeinander, zäh kommt die Ermittlungsarbeit voran. Nicht jeder Tatort versucht eine ernsthaft unübersichtliche und zugleich zum Mitraten einladende Kriminalhandlung zu bauen. Wer aufpasst, dürfte das meiste zwischendurch kurz verstehen. Für die innere Logik der Lösung gäbe es beim Eiskunstlauf Punktabzug. Im Krimi ist man atmosphärisch ganz bei der Sache. (Judith von Sternburg)

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