Männer waren und im anderen die Frauen. Dabei herrschte ein Ungleichgewicht in der beanspruchten Redezeit: Auffällig war es, dass die Männer nicht nur öfters sprachen, sondern auch lauter und ihre Kolleginnen gerne unterbrachen, vielfach mit unhöflichem Lachen auf Gesagtes oder mit herrischen Ausrufen wie „Falsch!“. Ein Beispiel war dabei vor allem Thorsten Frei.
Als Ricarda Lang in der ARD bemerkte, dass mit der Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen CO2-Emissionen eingespart werden könnten, fuhr er dazwischen: „Ein Tempolimit bringt nichts“. Als Moderatorin Anne Will auflistete, wie viel Tonnen CO2-Emissionen tatsächlich bei einer solchen Maßnahme eingespart werden könnten, stellte er sich taub. Frei lässt sich eben nicht gerne „bevormunden“ und „belehren“. Das tue Lang seiner Ansicht nach, „Sie wollen den Menschen sagen, was sie tun sollen“, meinte er in der ARD, so funktioniere es aber nicht.
Vielmehr müsse man auf das Schaffen von Anreize setzen. Zum ersten Mal waren sich bei dieser Aussage die Anwesenden einig, und auch darüber, dass diese vor allem darin bestünden, das Angebot des öffentlichen Verkehrs zu erweitern. Bei der Frage, wie man dazu komme, hatte man den gemeinsamen Nenner wieder verloren. Wenig konstruktiv war diesbezüglich beispielsweise Robin Alexander. Mit einem wegwischenden Lachen erstickte er einzelne Vorschläge von Lang im Keim.
Gäste bei Anne Will | |
Ricarda Lang | Grünen-Vorsitzende |
Katja Diehl | Autorin |
Thorsten Frei | Parlamentarischer Geschäftsführer der Union |
Christian Dürr | Vorsitzender FDP-Fraktion |
Robin Alexander | Stellv. Chefredakteur von Welt |
Mit ihrer Überzeugung, man könne mit der Abschaffung von Steuerboni für Firmenwagen mehr Menschen zum Verzicht oder zumindest zur Umrüstung der Wagen auf Elektroantrieb bewegen und damit einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten, stieß sie nicht nur bei Alexander, sondern auch bei Frei und Christian Dürr auf Unverständnis. Alexander meinte, es sei eine zu unbedeutende Maßnahme, Frei und Dürr fasten es offenbar vielmehr als eine Art Schikane auf.
Dürr brachte als Argument gegen diese Idee, dass die Konsequenz eine Reform dieser Praxis nur für eine größere Bürokratisierung sorgen und letztendlich keine Einsparungen bringen würde. So richtig überzeugen konnte er mit seinen Argumenten bei Anne Will in der ARD nicht. Auch wenn sich Dürr im ersten Moment vielem, was er sagte, hoffnungsvoll anhörte. „Wir müssen überall schneller werden“, wiederholte er beispielsweise unermüdlich, „die Planungs- und Umsetzungszeit aller Projekte muss mindestens halbiert werden“.
Bisher dauere es bis zu 18 Jahren bis ein neues Schienenprojekt umgesetzt werden könne. In diesem Tempo sind die Klimaziele für 2030 tatsächlich nicht einzuhalten, wie Lang bemerkte. Für Dürr muss aber alles gleichzeitig passieren: sowohl der Ausbau des Schienenverkehrs mit seiner Digitalisierung als auch der Ausbau des Autobahnnetzes. Gleichzeitig könne es nicht gehen, betrachte man die zur Verfügung stehenden Ressourcen, gab Lang zu bedenken. Deswegen müssten Prioritäten gesetzt werden und diese müssten zweifelsohne auf dem öffentlichen Verkehr liegen.
Hier gab ihr auch Katja Diehl recht. Fast schon ein wenig überdramatisch warf sie in der ARD bei Anne Will ein, dass die Wahl des Verkehrsmittels als Menschenrecht betrachtet werden müsse. „Es ist gegen die Würde des Menschen, um Mobilität bitten zu müssen“, sagte sie. In ländlichen Gegenden seien Menschen auf den Gebrauch eines Autos angewiesen, ohne dass sie dies unbedingt wollten. Es bestehe schlichtweg keine Alternative. Auf sie müsse gehört werden. Man müsse aber auch auf alle hören, die bewusst kein Auto benützten oder besäßen, denn sie hätten genauso ein Recht auf ein verkehrsarmeres Lebens. Für Diehl steht fest, dass es nur eine Priorität geben dürfe: die Erweiterung und Verbesserung des aktuellen Angebots des öffentlichen Verkehrs.
Auch Alexander bekräftigte dies ein weiteres Mal. Beim aktuellen Zustand der Bahn überzeuge man keinen zum Umstieg. „Überall auf der Welt sind die Züge besser, schneller und moderner. Die deutsche Infrastruktur ist nur marode.“ Die Zeiten, in denen man seine Uhr nach der Bahn richten konnte, sind nämlich längst Geschichte. Da bringe es auch nichts, Leuchtturmangebote wie das Deutschlandticket für 49 € oder in Berlin für 29 € zu bestimmen, wenn dafür die Hälfte des Verkehrsnetzes nicht nutzbar sei. (Teresa Vena)