Anne Will (ARD) – Markus Söder sieht in Esoterikern das wahre Problem

Die aktuellen Infektionszahlen übertreffen die des Frühjahrs. Was hat Deutschland aus 18 Monaten Pandemie gelernt? Das diskutierte Anne Will in ihrer Talk-Show.
Berlin - Neue Rekordzahlen, mehr Neuinfektion als je zuvor, eine stetig steigende Inzidenz: Die vierte Welle rollt über Deutschland und das liegt nicht zuletzt daran, dass immer noch ein Drittel der Bevölkerung sich nicht impfen lassen will. „Corona-Neuinfektionen auf Höchststand - braucht Deutschland eine Impfpflicht?“, fragte dementsprechend Anne Will (ARD) am Sonntagabend (07.11.2021) ihre Gäste.
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, nutzte die Position als noch Oppositionspolitikerin, um die aktuelle Regierung zu kritisieren, die in ihren Augen das absehbare Steigen der Zahlen ignorierte und keine vorausschauenden Maßnahmen ergriff. Was eine zukünftige Ampel-Regierung allerdings gegen die Pandemie zu unternehmen gedenkt, konnte oder wollte Göring-Eckardt nicht genau erklären.
Anne Will (ARD): Markus Söder will die Ministerpräsidentenkonferenz zurück
Markus Söder, CSU-Ministerpräsident von Bayern, wies die Kritik zurück, betonte, dass in Bayern in den nächsten Tagen verstärkt die 2G-Regel eingeführt wird, verlangte nach einem baldigen Wiederaufleben der Ministerpräsidentenkonferenz, um gemeinsam die Zügel anzuziehen.
Schon im aktuellen Spiegel hatte sich Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes vehement für eine Impfpflicht eingesetzt, hatte Impfverweigerer sogar als absolut unsozial bezeichnet. Ins selbe Horn stieß er auch bei Anne Will (ARD): Von einer „Tyrannei der Impfunwilligen“ sprach Montgomery, der zudem kritisierte, dass sich die Politik schon viel zu früh darauf festgelegt hat, dass es keine Impfpflicht geben würde. In absehbarer Zeit, so Montgomery, sei aber genau das notwendig, vielleicht nur in bestimmten Regionen, bei bestimmten Berufsgruppen, vielleicht aber auch in ganz Deutschland.
Anne Will (ARD): Keine Impfflicht nur für Pflegekräfte
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, lehnt eine Impfpflicht ab, zumindest wenn sie nur für Pflegekräfte gelten würde. Das würde den Pflegekräften den schwarzen Peter zuschieben, sie als Pandemie-Treiber abstempeln. Ohnehin sei die Situation in der Pflege schwierig und von Personalmangel geprägt, eine Situation, die schon vor Corona existierte und durch die Pandemie noch verstärkt wurde.
Alena Buyx, Professorin für Medizinethik und Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, versuchte, die Frage differenzierter zu betrachten: Eine allgemeine Impfpflicht sei verfassungsrechtlich nur schwierig durchzusetzen, eine Impfpflicht für eine Berufsgruppe wie die Pflegekräfte allerdings sinnvoll. Zu groß sei die Verantwortung der Pflegekräfte, zu intensiv der Kontakt mit den Patienten, als dass man sich hier ganz auf regelmäßige Tests verlassen könnte.
Anne Will (ARD): Söder sieht Querdenker, Esoteriker und AfD-Wähler als Problem
Warum sich so viele Deutsche gegen eine Impfung sträuben, warum auch wahrlich nicht dumme Menschen wie Sahra Wagenknecht oder Joshua Kimmich sich aus medizinisch nicht haltbarer Sorge vor nicht existenten Langzeitfolgen nicht impfen lassen, sorgte bei allen Beteiligten für Kopfschütteln. Querdenker und AfD-Wähler, aber auch Esoteriker machte Markus Söder als besonders problematisch aus. Doch mehr als Impfangebote zu machen, Druck auszuüben, vermutlich bald in immer mehr Bundesländern auch durch flächendeckende 2G-Regeln, sei kaum machbar.
Erreichbar sind die Impfverweigerer kaum, befürchtete Alena Buyx, Anreize müssten her, vielleicht sogar Geldprämien, vor allem aber aufwendige, mühsame, individuelle Gespräche. Ob solche Menschen allerdings verstehen würden, dass Impfen nicht nur Privatsache ist, sondern vor allem auch der Allgemeinheit hilft? Anders gesagt: altruistisches Verhalten. Darauf zu bauen wäre aber wohl naiv, Druck wird nötig sein, ob durch 2G-Regeln oder Impfpflicht wird sich zeigen. Es bleibt also spannend. (Michael Meyns)