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Warten

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Von: Judith von Sternburg

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1996 in der Berliner Volksbühne: Corinna Harfouch als General Harras in „Des Teufels General“.
Ewigkeiten her – 1996 in der Berliner Volksbühne: Corinna Harfouch als General Harras in „Des Teufels General“ (mit Kurt Naumann als Fliegeroffizier Hartmann). © Hubert Link/dpa

Ein Kulturzentrum im niederländischen Groningen hat die Aufführung eines Theaterstücks mit Männern untersagt, weil darin nur Männer spielen.

Das Times mager hatte andere, gehaltvolle Pläne, dann aber diese Nachricht aus Groningen in den Niederlanden. Hier wird ein Theaterstück nicht aufgeführt werden dürfen, weil ausschließlich Männer darin auftreten sollten. Das Kulturzentrum der Universität hat das verfügt, gehe es doch nicht an, dass Gruppen von Menschen von vornherein ausgeschlossen würden, wie eine Sprecherin der dpa auf Anfrage mitteilte. Die geplante Aufführung kam nämlich bereits ins Gerede, als die englischsprachige Theatergesellschaft der Universität nur Männer zum Vorsprechen einlud. Natürlich sieht das in einer Welt, in der Hamlet und Lear ohne weiteres von Frauen gespielt werden und Corinna Harfouch als General Harras den Gertrud-Eysoldt-Ring gewinnt (gewann, vor Ewigkeiten schon), engstirnig aus.

Eine kleine Theatergruppe, ein großes Stück. Samuel Becketts „Warten auf Godot“ sollte ausgeführt werden, für das, ja, stimmt, der Autor unter Androhung von gerichtlichen Schritten verlangt hat, dass die Männerrollen nur von Männern gespielt werden dürfen. Ja, stimmt, in „Warten auf Godot“ gibt es eh nur Männerrollen. Ja, stimmt, damit hatten schon andere Theater Ärger, aber bisher immer in der entgegengesetzten Richtung. 2004 war beispielsweise in Wilhelmshaven eine Aufführung mit Frauen geplant und wurde in vorletzter Sekunde vom Verlag untersagt. Der S. Fischer Verlag, der die Rechte der Beckett-Erbengemeinschaft vertritt, zeigte sich selbst unbegeistert, ließ aber erklären: Urheberrecht sei eben Urheberrecht.

Die kleine Groninger Theatergruppe sieht sich begreiflicherweise zwischen den Stühlen in einer passenderweise surrealen Situation. Man habe gar nichts dagegen, auch eine Frau zu besetzen, könnte sich aber ein gerichtliche Auseinandersetzung nicht leisten, erklärte der Regisseur.

Warum aber dürfen in „Warten auf Godot“ eigentlich keine Frauen mitspielen? Beckett, liest man, sei das einmal gefragt worden und habe geantwortet: „Frauen haben keine Prostata.“

Hä?

Didi und Gogo, zwei der Männer auf der Bühne, müssen häufig zur Toilette, so ist das gemeint.

Ach so, na ja.

Auch wenn man der Meinung ist, es sei wirklich nicht schlimm, wenn in einem Stück nur Männer auftreten, so kann einem doch auch gleich wieder einfallen, dass es im Theater, das schließlich bei aller Gegenwärtigkeit zugleich eine historische Kunst ist, ohnehin viel mehr Rollen für Männer gibt, viel, viel mehr. Und dass eine Aufführung von „Warten auf Godot“ weniger das Leben und die Spielpläne auch nicht langweiliger macht. Und dass daran wieder zu sehen ist, dass surreale Konstellationen das normalste auf der Welt sind.

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