Verhandeln

Der ukrainische Präsident Selenskyj ist in Berlin. Sollte man da bereits über die Zeit nach dem Krieg nachdenken?
Fällt das Wort „Verhandlungen“, legen einige sogleich die Stirn in Falten. Denn schnell ist man gedanklich beim russischen Einfall in der Ukraine. Was, bitteschön, gibt es da zu verhandeln?, sagen viele. Andere wiederum setzen genau darauf, schließlich müsse man ja immer im Gespräch bleiben und auch Kriege „enden nun einmal mit Verhandlungen“, wie es die frühere Kanzlerin Angela Merkel kürzlich in einem Interview sagte. Daher müsse man auch einem vormaligen Diplomaten wie Wolfgang Ischinger nicht mit einem bösen Zungenschlag begegnen, weil dieser geanau dieses Wort im Zusammenhang mit dem Krieg im Osten im Munde geführt habe.
Die Sache ist jedoch verwickelt und es ist wichtig, in dieser Angelegenheit einen kühlen Kopf zu bewahren. Schließlich gibt es am Ende eines Krieges nur zwei Möglichkeiten: Entweder es kommt zu Verhandlungen oder zu einem Diktat. Letzteres passiert, wenn das Verhältnis zwischen Sieger und Besiegtem eindeutig ist und der eine dem anderen seine Bedingungen aufzwingen kann.
Im Falle der Ukraine möchten wir auf westlicher Seite jedoch genau das vermeiden. Wenn verhandelt wird, soll dies aus einer möglichst vorteilhaften Position heraus geschehen. Wie genau das aussehen könnte, hängt von vielen Faktoren ab. Eine Expertin, die sich mit diesem Konflikt besonders gut auskennt, ist Fiona Hill. Die Britin ist eine gefragte Gesprächspartnerin, da sie eine exzellente Kennerin Russlands ist.
Sie bezeichnet diesen Krieg im Interview mit der „Zeit“ als einen Weltkrieg, da er nicht nur die Struktur und Dynamik europäischer Belange verändert, sondern auch globale Auswirkungen hat. Man benötige eine diplomatische Anstrengung, um den Konflikt zu beenden. Hill vermeidet dabei bewusst das Wort „Verhandlungen“, da sie glaubt, dass es hierbei auf viele Faktoren ankommt und Verhandlungen nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sind.
Putin will nur unter seinen Bedingungen verhandeln und man darf ihm nicht auf den Leim gehen. Er will nur mit den USA und Europa sprechen, wie die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch es müssen bedeutend mehr Vertreter am Tisch sitzen, findet Hill. Eine Lösung in diesem Konflikt zu finden, wird eine große Herausforderung sein, aber es sei notwendig, dass viele Länder, die ein ernsthaftes Interesse an einer Beendigung des Krieges haben, miteinander ins Gespräch kommen. Die Zeit drängt: Bevor Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht, müssen die Bemühungen Erfolg haben.
Die Vorstellung von Trump als Vermittler in diesem Krieg erzeugt mehr als ein Stirnrunzeln.