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Unter Tieren

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Von: Sylvia Staude

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Toi toi toi – und pass auf dich auf!
Toi toi toi – und pass auf dich auf! © Imago

Zum Einschlafen schwarzbraune Schafe zählen, geht das auch? Mit einem Fuchs unterhalten? Eher schwierig, das Tier weiß, dass vom Menschen nicht viel Gutes kommt.

Bei Ankunft Überraschung, denn plötzlich weiden vor dem Schlafzimmerfenster der Urlaubsunterkunft Schafe. Seltsam kleine Schafe, die keineswegs Lämmer sind. Sind sie als Fernsehserienersatz gedacht? Oder kann die Urlauberin im Notfall der Schlaflosigkeit zählen, auch wenn sie insgesamt bloß zehn, zudem schwarzbraun sind, mal auf kurzen dünnen Beinchen übers Gras und Kraut fliegen, mal rangeln wie Halbwüchsige, mal so schnell trippeln wie eine Ballerina? Letzteres tun sie oft, wenn die Urlauberin sich dem Zaun nähert, Neugierde trifft auf Neugierde. Oder ist es vonseiten der zehn Ouessants (dies nach ein paar Tagen Nachbarschaft recherchiert) die Hoffnung, Mensch könnte Leckeres dabei haben?

Mensch liest gerade, was für ein hübscher Zufall, Hilal Sezgins „Vom fordernden und beglückenden Leben mit Tieren“, das vor allem von einem Leben mit Schafen erzählt – davon demnächst mehr. Ihre langjährige Kolumne in der FR hieß „Unter Tieren“.

Ebenfalls unter Tieren, aber solchen, die besser dran wären ohne den jagenden, totschlagenden Menschen, fühlt sich bald die Urlauberin. Es sind Begegnungen, bei denen sich beide Seiten erschrecken, die tierische aber wohl jeweils mehr als die menschliche.

Bei den zwei Gemsen meldet als Erstes das Ohr rollende Steine – Steinschlag? -, sobald das Auge die quer über einen Schotterhang laufenden Tiere sieht, ist die Wanderin beruhigt. Bei der komplett in kulturaffines, metallen glänzendes Schwarz gekleideten Schlange hat das Ohr gar nichts zu melden, es ist, als schwebe Zornnatter (?) geradezu über das fahle Gras und die trockenen Blätter. Ein paar Minuten Fußmarsch weiter erscheint uns ihre mögliche Beute allzu gedankenabwesend, allzu sorglos: Ach, bist du süß, sagen wir zur Haselmaus und beugen uns hinunter, um in ihre Knopfaugen zu sehen. Sie schaut hinauf, stutzt, wirft sich so schnell von einer Wurzel aus ins Laub, dass man ihr hinterherruft: Tschüss, Speedy Gonzalez, toi toi toi und pass auf dich auf!

Was umso notwendiger ist, als uns bald auch noch ein Fuchs entgegenkommt. Auch er ist beschäftigt in diesem Frühling, schnüffelnd und suchend, das hübsche Gesicht konzentriert. Auch er bemerkt den Menschen erst einmal nicht, hält dort, wo ein wenig Wasser den Berg hinunterfließt, und trinkt, während wir versuchen, kein Härchen zu bewegen. Trinkt noch und dreht uns den Rücken zu. Folgt dann weiter dem Wanderweg – wir hören auch noch auf zu atmen -, sieht uns, macht einen Satz ...

Der Mensch findet, das Tier könne ihm ruhig vertrauen. Das Tier weiß, dass man diesem auf den Hinterläufen balancierenden Tier besser aus dem Weg geht.

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