Sorglos

Wenigstens den Wohlfühl-Zuhauses dieser Welt geht es noch richtig gut.
Der Mensch, soweit gütige Umstände ihn in eine friedliche Weltecke geboren haben, verfügt über natürliche Vorlieben bei der Freizeitgestaltung. Soweit er nicht unnatürlichen Bewegungsbedürfnissen unterliegt (Wandern, Radfahren, Gymnastik), folgt der Mensch entweder der unsterblichen Glücksdefinition von Harald Juhnke („keine Termine und leicht einen sitzen“), was allerdings Gesundheitsfragen aufwirft. Oder der Mensch verfügt über die fragwürdige Fähigkeit, selbst im nüchternen Zustand die Welt zu vergessen, und setzt sich auf eine Couch.
Am besten funktioniert das, wie wir aus glaubwürdiger Quelle wissen, wenn der Mensch über ein „sorgloses Wohlfühl-Zuhause“ verfügt (wie schön, wenn wenigstens die Wohlfühl-Zuhauses dieser Welt keine Sorgen haben!). Allerdings bedarf es dazu der „praktischen Helfer“, die die Erfinderin des „sorglosen Wohlfühl-Zuhauses“ feilbietet, genau genommen: eine Staubsauger-Firma, deren Werbung unsereins sehr gerne verfolgt, ohne je bei ihr zu kaufen.
Der praktische Helfer selbst hat übrigens ein eigenes Motto, es lautet „Ich sauge das, was du nicht siehst“. Und um nun zur Bildbeschreibung zu kommen: Auf einer Couch sitzen zwei Menschen insgesamt zweierlei Geschlechts, sich offenbar köstlich amüsierend über die Pizzastücke, die sie (jeweils eins) in den Händen halten. Termine scheinen sie nicht zu haben, allerdings sehen die Getränke auf dem Couchtisch nach Wasser aus.
Wenig überzeugend im vorliegenden Zusammenhang: die Blickrichtung der beiden Personen. Ganz offensichtlich betrachten beide das Pizzastück des/der jeweils anderen. Das erscheint plausibel, denn der Teller, den die Dame zusammen mit ihrem Pizzastück hält, ist leer. Wurde vor der Bildaufnahme ungerecht geteilt? Giert der eine auf die Pizza der anderen (oder umgekehrt)? Warum lachen sie dann? Aber es fragt sich dann doch auch: Warum bleibt der praktische Helfer, der sich auf dem Teppich vor der Couch abmüht, unbeachtet?
Der kleine Helfer hat, wie den schriftlichen Erläuterungen zu entnehmen ist, im Sonderangebot in etwa das durchschnittliche Monatseinkommen einer verrenteten Hausfrau gekostet (Schätzung) – verdient er da nicht wenigstens ein Mindestmaß an Beachtung? Oder handelt es sich hier um die missglückte bildliche Wiedergabe des Mottos „Ich sauge das, was du nicht siehst?“ Müsste es nicht heißen „Ich sauge, wenn du mich nicht siehst“? Und was würde das dann bringen?
All das ist vollkommen egal, aber Roboter hin oder her und bei aller Liebe zur Pizza: Ein paar Sorgen machen wir uns schon um das sorglose Wohlfühl-Zuhause. Weil wir ja sonst keine haben.