Nach Entlassung von Ex-Pressesprecher: Warum die AfD sich in Schweigen hüllt

Die Affäre Christian Lüth ist eine erneute Enttarnung der AfD. Das Schweigen der Partei gibt auch Einblicke in das Innenleben der Partei. Die Kolumne.
Nun steht der Täter schon seit einigen Tagen vor den Schranken einer Öffentlichkeit, die die Medien hergestellt haben. Bei ihnen handelt es sich um eine Einrichtung, mit der Christian Lüth als Pressesprecher der AfD längere Zeit zu tun hatte. Jetzt ließ er sich von einem TV-Team erwischen mit dem Satz: „Wir können die (Migranten) nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal.“
Lange war nicht so recht klar, warum die Affäre Lüth für die AfD ein so verschwiegenes Thema ist. Das mag an der Nähe Lüths zu dem AfD-Leuchtturm Alexander Gauland liegen, mit dem Lüth sog. Gemeinsamkeiten verbanden. Die Gemeinsamkeiten ebenso wie das Verbindende sind unauflöslich extremistischer Natur, ein AfD-Markenkern also, den Lüth damit erklärt hat, dass seine „abscheulichen und nicht entschuldbare Äußerungen von einer aufgeheizten, ironischen und übersteigerten Wortwahl geprägt waren“. War das eine Entschuldigung? Oder Ironie? Oder eine Entschuldigung nach AfD-Art?
Ein Gauland-Zögling, der sich als Faschist bezeichnet
Lüth ist von Gauland politisch nicht auf-, aber doch großgezogen worden. Dass der Zögling wiederum von Gauland Ende April des Jahres aus dem Amt des AfD-Pressesprechers entfernt worden sein soll, soll darauf zurückzuführen sein, dass sich Lüth schon mal als Faschist bezeichnet und gebrüstet haben soll. Soll, soll, soll. Auch soll er bereits vor seiner Zeit in der AfD, sobald er in Schwung kam, das Horst-Wessel-Lied gesungen haben, eines der die Nazis am meisten mitreißenden Lieder, Hymne und Gassenhauer definitiv.
In der AfD hat man sich bei allem, was über Lüth im Frühsommer ans Licht kam, offenbar gefragt: soll oder nicht soll? Eine Öffentlichkeit, die darauf nicht hereinzufallen bereit ist, immerhin eine satte Mehrheit in Deutschland, sollte sich dessen bewusst bleiben, dass das zivile Soll, das die AfD ständig überschreitet, für die Partei keine Frage der Unterscheidung zwischen Konjunktiv und Indikativ ist. Die AfD ist eine Partei eines Imperativs, für den Verlogenheit, Verschlagenheit und Verhetzung Norm sind.
Die Partei der gegenseitigen Erpressung
Das Schweigen der AfD über Lüth dauerte nicht schon seit einigen Tagen so überdeutlich an, wenn nicht gewichtige Motive dahinterstünden. Motive auf beiden Seiten. Beide wissen, der entfernte Funktionär Lüth weiß zu viel. Die AfD ist nicht nur eine Partei, die sich immer wieder erwischen lässt, ja, überhaupt kein Thema. Vom Fernsehen dokumentiert ist Lüths Aussage: „Das haben wir mit Gauland lange besprochen: Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.“ Sie, die erneut enttarnte AfD, ist eine Partei, in der man sich gegenseitig erpressen kann.