Schweigen

Gute Filme bleiben lobenswert. Aber über die Golden Globes können sich Künstlerinnen und Künstler kaum noch freuen.
Der Globus ist nicht golden, sondern weiß. Seltsam nur, dass es so lange niemandem aufgefallen war. Erst im vergangenen Jahr enthüllte eine Recherche der „Los Angeles Times“, dass ausgerechnet bei einem Verein für die in Hollywood akkreditierte Auslandspresse Diversität ein Fremdwort ist.
Jedenfalls: Unter den insgesamt lediglich 87 Mitgliedern der „Hollywood Foreign Press Association“ (HFPA) befand sich kein einziger Schwarzer, schon gar keine einzige Schwarze. Aber auch mit der Professionalität des vor allem als Filmpreisjury bekannten Vereins war es nicht weit her: Zahlreiche Jury-Mitglieder waren überhaupt keine Filmjournalisten.
Schnell berief man also 21 neue Mitglieder in den Verein, ohne jedoch für strukturelle Reformen oder Transparenz zu sorgen. Das traurige Ergebnis der Bemühungen war gestern zu erleben – oder eigentlich nicht: Angeblich auf Grund der Gefahren der Omicron-Variante des Coronavirus wurde die Verleihung abgesagt. Tatsächlich hatten bereits im vergangenen Mai sowohl Amazon Studios als auch Netflix ihre Kooperation mit dem Verein für beendet erklärt. Viele Produzenten, Filmkünstler und Filmkünstlerinnen folgten dem Boykott. Und auch zur Vergabe der Preise soll es Absagen gehagelt haben.
Natürlich bleiben gute Filme weiterhin lobenswert: Wo die Paketpost in den nächsten Tagen mit den kleinen Weltkugeln klingelt, öffnen auch diesmal große Künstlerinnen und Künstler: Jane Campions Western „The Power of the Dog“ wurde als bestes Drama ausgezeichnet, und wer hätte den Preis in der Kategorie „Komödie/Musical“ mehr verdient als Regisseur Steven Spielberg für seine „West Side Story“.
Auch der Deutsche Hans Zimmer hat für seine elegisch-düstere Musik zu „Dune“ fraglos einen Preis verdient, nicht weniger der Japaner Hamaguchi Ryusuke, dessen Haruki-Murakami-Verfilmung mit dem Auslandspreis der Globes geehrt wurde. Aber ist ein unerwünschter Preis überhaupt eine Ehre? Wird er mit Freude angenommen werden können?
Nur einmal hatte ich Gelegenheit, selbst auf ein paar Mitglieder der Organisation zu treffen. Es handelte sich um eine Bootsfahrt auf dem Chicago River, organisiert von einem Filmverleih. Unter den Gästen erkannte ich den ehemaligen Chefredakteur einer großen Hamburger Filmzeitschrift, die ich als Teenager abonniert hatte. Gern wollte ich von dem mehrmaligen Vize-Präsidenten der Organisation und von seinen Kollegen etwas mehr erfahren, darüber, wie es dort so zugeht. Doch alles, was ich von den Herren erntete, war geheimnisvolles Schweigen.