Schwedengate

Jetzt ist es heraus: Die Schweden haben eine unfeine Macke. Das macht sie angreifbar.
Es ist erst ein paar Tage her, da hatte man, wenn man an Schweden dachte, blonde Kinder mit Blumenkränzen im Haar vor Augen. Man dachte an gemütlich-praktische Wohnungseinrichtungen, an Fleischbällchen, Bullerbü. Man erinnerte sich an Frauen, die so eigenwillige Namen wie Annifrid oder Agnetha tragen, an glitzernde Showanzüge, Stockfisch und Waterloo, an ein Mädchen, das mit Strumpfhaltern auf einem gepunkteten Pferd saß. Zeiten, die wohl unwiederbringlich vorbei sind.
Es begann - Sie werden von diesem unerhörten Vorfall gehört haben - mit einem Beitrag. Auf der Webseite Reddit fragte jemand, was das Merkwürdigste sei, was man je in einem anderen Haus erlebt habe, aufgrund einer anderen Religion oder Kultur. Ein User erinnerte sich daran, „im Haus meines schwedischen Freundes gewesen zu sein. Während wir in seinem Zimmer spielten, rief seine Mutter, dass das Abendessen fertig sei. Er sagte mir, ich solle in seinem Zimmer WARTEN, während sie aßen.“ WARTEN in Versalien. Ein offenbar traumatisches Erlebnis. Und - wie sich schnell herausstellte - kein Einzelfall.
Offenbar gibt es eine Reihe von Menschen, denen als Kind das Gleiche widerfahren ist. Immer waren es schwedische Haushalte, immer durfte das Kind nicht mitessen. Bisher hatte offenbar niemand die Veranlassung gesehen, pardon, sich getraut, darüber zu sprechen. Jetzt liegt der Skandal offen zutage: Die Schweden sind ein knauseriges, gastunfreundliches Volk. Sie lassen Kinder ohne Abendbrot im Nebenraum sitzen. Die Folgen für die Psyche der Betroffenen? Nicht absehbar.
#Swedengate, eine Art Shit-storm für Schweden, war nun nicht mehr zu stoppen. Bald schon ging es nicht mehr um die Bewirtung von Kindern. Es ging um den als zweifelhaft eingestuften Umgang Schwedens mit Migrantinnen und Migranten. Es ging um Rassismus, um Schwedens mangelnde Bereitschaft, sich mit der eigenen kolonialen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Eins führte zum andern.
Wir hingegen erinnern uns an beklemmende Situationen am Esstisch der Freundin, an dem neben deren Eltern auch die Großeltern saßen. An die Unsicherheit, die durch dem Kind fremde Rituale ausgelöst wurde (Tischgebet, einander an den Händen fassen). An ein Essen (Fisch!), das dem Kind zuwider war, in dem es aber aus Höflichkeit verzweifelt herumstocherte.
Wie gerne hätte es doch im Kinderzimmer gewartet und mit den Barbie-Puppen der Freundin weitergespielt.