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Von: Stephan Hebel

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Ein bisschen mehr Optimismus darf schon sein – denn viele junge Menschen wissen Folgen und Grenzen ihres Medienkonsums durchaus einzuschätzen.
Ein bisschen mehr Optimismus darf schon sein – denn viele junge Menschen wissen Folgen und Grenzen ihres Medienkonsums durchaus einzuschätzen. © Christin Klose/dpa

Wenn eine junge Generation sich Sorgen macht um die noch jüngere - ein ermutigendes Gespräch. Die Kolumne „Times mager“.

Die ältere Generation macht sich ja gern (bzw. ungern, aber eben häufig) Sorgen um die jüngere. Neben Umgangsformen, Frisuren, Tätowierungen und englisch klingenden Jugendwörtern steht dabei meist die Nutzung elektronischer Geräte unter besonderer Berücksichtigung der Informationsbeschaffung im Vordergrund, kurz zusammengefasst: Die klauben sich ihre Nachrichten aus dubiosen Quellen zusammen, bewegen sich nur in ihrer Blase, und bei mehr als fünf Zeilen Text brechen sie schon zusammen bzw. ab.

Den Personen, die jüngst zum Gespräch zusammenfanden, lag dieser polemische Umgang mit den Nachfolgenden absolut fern, aber Sorgen machten sie sich schon: Wir, sagte einer, haben ja noch gelernt, uns vor Fake News zu schützen, Quellen kritisch zu hinterfragen und auch mal einen längeren Artikel zu lesen. Aber die nächste Generation, fuhr er fort, da sei schon die Frage, ob die das überhaupt noch lernt.

Das Schöne daran: Mit der nächsten Generation meinte der Sprechende, so führte er aus, „die heute vielleicht Achtjährigen“. Mit den Älteren, um die man sich weniger Sorgen machen müsse, war dagegen die Mehrheit der Teilnehmenden gemeint: ein Klassenraum voller Abiturientinnen und Abiturienten. Menschen so etwa im Alter zwischen 17 und 19 Jahren.

Ist das nicht schön? Liebe kulturpessimistische Großeltern: Wenn Ihre Nachkommen zweiter Ordnung sich schon Sorgen um die Jüngeren machen, dann ist ihnen das Problem vielleicht bewusster, als Sie, die Älteren, denken. Deshalb seien Sie bitte so freundlich und erlauben sich ein bisschen Optimismus. Ein paar Jahre noch, dann mag aus dem Abiturienten ein Lehrer geworden sein, und der wird schon wissen, wie er den Achtjährigen das seriöse Lesen beibringt.

Noch etwas kam aus dem Abi-Kurs, nämlich diese Frage: Wenn man sich seriös informiert und von morgens bis abends all die Krisen der Welt zur Kenntnis nimmt, ob als Journalist oder nicht, wie soll man das ertragen? Die Antwort, entstanden aus dem ermutigenden Gespräch der Generationen: Es gibt ein Recht auf Erholung vom Elend, auch für diejenigen, die sie sich leisten können, weil sie nicht selbst im Elend leben. Es gibt dieses Recht, weil die Auszeit vom Konsum schlechter Nachrichten die Kräfte wieder aufbaut, die für die Pflicht gebraucht werden, etwas gegen das Elend zu tun, in dem andere leben.

Liebe Großeltern, fragen Sie mal in der Schule, ob Sie dabei sein dürfen, wenn ein Abi-Kurs ein gelingendes Gespräch über ernsthafte Dinge führt, angeregt durch eine Lehrerin, die ihnen perfekt dabei hilft, weil sie etwas eigentlich Einfaches tut: sie ernstzunehmen.

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