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Von: Stephan Hebel

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Zu wenige Schilder für ein Tempolimit? Nun: Blech kann man auch reden.
Zu wenige Schilder für ein Tempolimit? Nun: Blech kann man auch reden. © Jen Büttner/dpa (Archiv)

Warum soll es einen Unterschied ausmachen, ob wir nun mit 20 Grad unsere Wohnung heizen oder mit 180 Sachen über die Autobahn?

Bevor wir zu Herrn Wissing kommen, zunächst ein Wort zu Herrn Houben. Um eins gleich klarzustellen: Achten Sie bitte darauf, den Namen des Herrn Houben (sprich: Huben) klar und deutlich mit einem weichen „b“ zu artikulieren, denn mit Namen macht man keine Witze, schon gar nicht im Straßenverkehr. Herr Houben ist Bundestagsabgeordneter einer bürgerlichen Partei, die sich „Freie Demokraten“ nennt, kurz FDP mit hartem „P“, und für seine Fraktion fungiert er als wirtschaftspolitischer Sprecher, weil er Betriebswirtschaft studiert hat. Umso mehr Anerkennung verdient es, dass er auch Themen aus dem Bereich Straßenverkehr in einem großen gesamtgesellschaftlichen, also gesamtwirtschaftlichen Rahmen betrachtet, zum Beispiel im Vergleich mit Fragen der Zimmertemperatur.

Herr Houben sagte vor ein paar Tagen, ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern „wäre genauso, als wenn man den Menschen vorschreiben würde, die Heizung nur noch bis 14 Grad aufzudrehen“.

Und jetzt kommen Sie bitte nicht mit dem Argument, es sei doch ein Unterschied, ob der Staat mich zu einer gewissen Verlangsamung zwinge oder zum Frieren.

Das denken Sie nur, weil Sie erstens nicht verstehen, dass „Eigenverantwortung“ (Houben) halt irgendwie immer gilt, ob schnell oder warm, egal. Zweitens: Ist Ihnen nie aufgefallen, was für eine schöne Doppelbedeutung das Wort „Heizen“ in der deutschen Umgangssprache hat? Warum soll es einen Unterschied ausmachen, ob wir nun mit 20 Grad unsere Wohnung heizen oder mit 180 Sachen über die Autobahn? Wir lassen uns das Heizen nicht verbieten, das muss überall gelten, zu Hause und auf der Straße. So geht Freiheit, wie wir sie verteidigen gegen Autokraten, Franzosen und andere Schleicher aller Art.

Zu Herrn Wissing ist anzumerken, dass er die Sache noch wesentlich witziger angeht als Herr Houben. Herr Wissing ist ebenfalls in der FDP, dem Schild und Schwert des deutschen Bürgertums, aber ansonsten ist er nur Verkehrsminister, das schränkt natürlich die Perspektive ein bisschen ein. Herr Wissing war kurz im Betriebshof und hat dann bekanntlich mitgeteilt, es gebe zu wenig Schilder für ein Tempolimit.

Dazu ist schon vieles gesagt, auch, dass es reichen würde, an jedem Grenzübergang und von mir aus an jeder Autobahnauffahrt ein einziges Schild aufzustellen, das muss uns aber hier nicht interessieren. Stattdessen soll der Hinweis genügen, dass sich einem etwaigen Blechmangel auf sehr einfache Weise begegnen lässt, und genau damit hat Herr Wissing verdienstvollerweise begonnen: Blech kann man auch reden. Und wenn es so weitergeht, haben wir bald genug davon.

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