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Nudeln

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Von: Thomas Stillbauer

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Wie viel Gramm Pasta zu Bolognese-Soße? An dieser Frage scheiden sich die Geister.
Wie viel Gramm Pasta zu Bolognese-Soße? An dieser Frage scheiden sich die Geister. © CSP_teine/imago

Erinnern Sie sich noch? Zum Beispiel an die Nudel-Gespräche zu verschiedenen Anlässen?

Oder sagen wir: als es noch ausgelassene Hochzeitsfeiern gab. Oder sagen wir: als man noch ausgelassen heiratete. Oder sagen wir: als man auf ausgelassenen Hochzeitsfeiern noch Leute kennenlernte, die man ohne ausgelassene Hochzeitsfeiern nicht kennengelernt hätte, weil sie Bekannte des Brautpaars waren, die sonst woher kamen. Und die man heute nicht mehr kennenlernt, aus Gründen.

Als also alles noch halbwegs erträglich und feierlustig war, ergaben sich unter anderem Nudelgespräche auf Hochzeitsfeiern. Ein beliebtes Nudelgespräch handelt seit Anbeginn der Zeit von der Ernährung an Sonntagabenden, die Rücksicht nehmen muss auf Start- bzw. Endzeiten der wichtigsten Nachrichten- bzw. Kriminalsendungen.

Da bietet sich generell das Spaghettipalaver an, weil es flott geht und in der Regel leicht verdaulich ist, sowohl das Gericht als auch das Gespräch darüber. Auf einer ausgelassenen Hochzeitsfeier verunsicherte jedoch ein bis dato fremder Gast die Diskussionsrunde mit der Frage nach dem Quantum Teigwaren. Wie viel man nehme. „Wir nehmen immer eine Packung. 500 Gramm.“

Es ging, dies sei hier erwähnt, um paarweise Nahrungszufuhr. Zwei Personen. Ein Pfund? Das Gespräch verstummte. Der bis dato fremde Gast und seine Partnerin wirkten eher schlank. Ein Pfund? Und sie wirkten alt genug, um zu wissen, dass Nudeln ihr Wesen verändern, wenn sie mit brodelndem Wasser in Kontakt kommen. Schon Heranwachsende lernen, dass sie nicht die Menge Nudeln in einen Topf geben dürfen, die sie sich im trockenen Zustand zutrauen, weil sonst nach dem Kochvorgang diese Küche nicht mehr groß genug für beide ist, den Koch und den Nudelberg.

Ein Pfund. Ausgeschlossen.

Oder sagen wir: kommt drauf an, was draufkommt. Kommt nur Tomatensoße drauf, toleriert die Gemengelage locker ein paar Gramm mehr (wenn auch sicherlich kein Pfund!). Dasselbe gilt für dezente Mengen an Pesto. Dasselbe gilt für die Variante aglio e olio. Dasselbe gilt für die Variante Butter und Salz. Handelt es sich aber um eine ernstzunehmende Nudelmahlzeit mit Thunfisch- oder Bolognese- oder vegetarischer Thunfischersatz- oder vegetarischer Bolognese- oder Ratatouille-Draufgabe, um nur einige Optionen zu nennen, dann: weniger Nudeln. Egal ob Spaghetti, Maccheroni, Spirelli. Weniger.

Vorigen Sonntag schüttet die bezaubernde Frau prasselnd Nudeln (hier: Maccheroni) in den Behälter auf der Küchenwaage, fragt (und zwar hernach): „Wie viel?“, und der zur Konsultation gezogene Nudelgeselle empfiehlt: „265 Gramm.“ Schaut auf die Waage und stellt fest: 265 Gramm. Perfekt. Und damit Pasta.

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