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Existiert #Metameyer wirklich?

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Von: Marie-Sophie Adeoso

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Existiert Metameyer tatsächlich? Egal: Für Literaturaffine ist derzeit wenig im Netz unterhaltsamer als die Metadiskussion um #Metameyer.
Existiert Metameyer tatsächlich? Egal: Für Literaturaffine ist derzeit wenig im Netz unterhaltsamer als die Metadiskussion um #Metameyer. © Imago Images

Ein Schriftsteller, weiß, männlich, mittelalt, zudem mit verdächtigem Namen, sorgt im Internet für Diskussionen.

Werte Leserinnen und Leser, wir dürfen davon ausgehen, dass Ihnen das Oeuvre des Urs Metameyer wohlbekannt ist. „Urs Metameyer ist der große Unangepaßte unter den großen Literaten“, so schrieb bereits 2007 Rezensent Traugott Imwinkelried über Metameyers damals bei Grünband erschienenen Roman „Kirchweihe“ und prophezeite, dieser werde den Autor „endgültig aus dem Schatten seines gestrengen Lehrmeisters Martin Walser heraustreten“ lassen.

Nun, so oder ganz anders ist es gekommen. Wer dieser Tage Twitter nutzt, kann verfolgen, wie sich junge Autorinnen, Übersetzer, Buchhändlerinnen, Literaturwissenschaftlerinnen und Kritiker an Metameyer, der unlängst als @50jahrigerAutor im Online-Kurznachrichtendienst auftauchte, abarbeiten. Während die einen schreiben, es sei ein Skandal, dass der Büchnerpreis wieder einmal an ihm vorbeigegangen ist, ätzen andere, im Vergleich zu Metameyer habe sogar Peter Handke so etwas wie Humor.

Metameyers Existenz ist umstritten

Bevor Sie nun in Kindlers Literatur-Lexikon nachschlagen: Ob Metameyer tatsächlich existiert, ist umstritten. Ganz unzweifelhaft aber ist für Literaturaffine aktuell wenig im Netz unterhaltsamer als die Causa #Metameyer. Mit viel Kenntnis, Kreativität und Liebe zum Detail zeichnen junge Insider des Literaturbetriebs und der Germanistik ein Bild von Person und Werk Metameyers. Sie erstellen stetig wachsende Literaturlisten, zeigen täuschend echte Buchcover vor, zitieren aus Metameyers Romanen, Notizheften und Memoiren oder analysieren Debatten, die sich an seiner Figur entzündeten. Metameyer selbst setzt derweil rotweintrunkene Tweets aus einer schlecht besuchten Lesung im „Kulturstübchen Osnabrück“ ab, teilt Lyrik, Aphorismen und kulturpessimistische Ansichten zur Gegenwartsliteratur.

Recht schnell wird klar, dass das Spiel mit dem Klischee einen ernsthaften Hintergrund hat. Metameyer wird als Typus des älteren, etablierten Autors (männlich, weiß) identifiziert, der in Verlagen, Feuilleton und Germanistik viel Raum für sich beansprucht und es jungen Literaturschaffenden (auch: weiblich, queer, nicht-weiß) erschwert, Gehör zu finden. Aber: „Helfen Schriftsteller-Satireaccounts, Probleme im Kultur- und Literaturbetrieb sichtbar zu machen, oder spielt die Freude an Pappkameraden unbeabsichtigt einer Nostalgie in die Hände, die die Wirkmacht der eigentlich parodierten Figuren gespenstisch verlängert?“, fragt die Trierer Germanistik-Professorin Andrea Geier in einem Tweet. Denn jenen, die über #Metameyer schreiben, deshalb zitieren wir sie hier im Feuilleton, geht es um eine Metadiskussion.

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