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Kicherkugeln

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Von: Sandra Danicke

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Werkzeug aus Schokolade.
Werkzeug aus Schokolade. © Imago

Was macht ein Seniorenteller im Süßwarenregal? Und wer soll ihn kaufen? Seltsame Beobachtungen im Supermarkt.

Vergangenen Samstag in der Süßwarenabteilung des Supermarkts: Lippenstiftbox - ausverkauft. Das Nagellackset (drei Farben Rot) - fast ausverkauft. Eine einsame Packung stand noch da. Hingegen der Seniorenteller - reichlich vorhanden. Ganze sieben Packungen warteten auf Kundschaft. Auch Werkzeug und Küchenutensilien waren noch genügend da.

Vielleicht springen Sie jetzt noch einmal zur ersten Zeile und denken: „Stand da nicht was von Süßigkeiten? Ist die Autorin womöglich plemplem?“ Ist sie nicht (aber: Wer kann das schon von sich selbst mit Sicherheit ausschließen?). All dies befand sich (oder eben gerade nicht) im Süßigkeitenregal, es handelte sich um Versionen aus Schokolade.

Jetzt fragen Sie vielleicht: Warum Seniorenteller? Selbiger bestand aus drei Teilen: einem Gebiss, einer Brille und einem seltsamen Ding, das sich nach längerem Überlegen als Hörgerät entpuppte. Wem schenkt man das? Schauen wir doch mal auf der Homepage des Herstellers, einer bekannten Schokoladenmarke, nach. Hier gibt es die Rubrik „Unter Kollegen & Freunde“ (nein, dass ist kein Grammatikfehler, wenn man beides als getrennte Subkategorien versteht). Offeriert werden Kicherkugeln, Nervennahrung, Anti-Stress-Schokolade. Scherzkeksen kauft man vielleicht auch das Feierabend-Set mit Fernbedienung, Bierflasche und einem Paar karierter Puschen. Auch ein Akkuschrauber und eine Digi-Cam hat es in diese Kategorie verschlagen. Warum auch nicht.

Scrollt man weiter runter, erscheint dann tatsächlich erst das Gebiss, dann der komplette Seniorenteller auf dem Bildschirm. Soll man das seinem Chef, seiner Chefin zum Geburtstag schenken? Der nicht mehr ganz jungen Sekretärin? Dem Praktikanten? Wir raten ab.

Eine Merkwürdigkeit findet sich auch in der Rubrik „Schulanfang“, wo ein Fashion Queen Set mit rot gelackten Plateau-Highheels angeboten wird. Schulanfang? Donnerwetter. Für Verliebte empfiehlt der Hersteller das Paket „Für gewisse Stunden Frau“, bestehend aus einer Schokoladendame in simulierter Reizwäsche, ausstaffiert mit Peitsche und Handschellen. Die Männervariante besteht aus einem Adonis im Slip, Erdbeeren und Sprühsahne.

Gespannt klicken wir auf die Kategorie „Vatertag“: Wo sich - was sonst? - das Werkzeugset und ein Schoko-Fußballspieler befinden. Aber wo bitte ist der Nagellack einsortiert? Unter „Muttertag“? Nein, dort gibt es die Lippenstiftbox und Belgische Borkenpralinen. Auch unter „Geburtstag“ wird man nicht fündig (Schoko-Hantel, PC-Mouse und - immerhin - ein Damen-Set mit Parfum und Puder.

Im Schokokoladenmarkt ist die Genderdebatte offenbar noch nicht angekommen.

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