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Kailasa

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Von: Sylvia Staude

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Anwesen in Mar-a-Lago - für Donald Trump hätten wir einen Tipp.
Anwesen in Mar-a-Lago - für Donald Trump hätten wir einen Tipp. © Marta Lavandier/dpa

ChatGPT hätte bestimmt was Schickes erfunden zum Land Kailasa, auch wenn es das nicht gibt. Trotzdem hätte es sich beinah mit Newark, USA, verschwistert. Die Kolumne „Times mager“.

Heute: warum es sich lohnt, im Geografie-Unterricht aufzupassen. Wenigstens mit einem halben Ohr und Zehntel Gehirn aufzupassen, so dass man stutzt, wenn man den Namen eines Landes hört, von dem man noch nie gehört hat. Zwar kann es dann immer noch sein, dass ausgerechnet in der Stunde, in der von diesem wichtigen Land die Rede war, die Geistesabwesenheit, die Tagträume vom coolen F. in der letzten Reihe, besonders intensiv waren. Aber es genügt ja, sich für das eigene Unwissen ein bisschen zu schämen, schlau machen zu wollen, also „Kailasa“ in die Suchmaschine einzugeben – um festzustellen, dass es dieses Land gar nicht gibt. (Aber fragen Sie nicht ChatGPT, der Bot würde Ihnen ungerührt Fake Infos liefern, denn auf keinen Fall gibt er zu, etwas nicht zu wissen.)

„The Brick City“, die Backstein-Stadt heißt Newark im US-Bundesstaat New Jersey auch – da ist ja sogar Mainhattan besser. Jedenfalls folgt aus Backstein-Stadt zwangsläufig, dass sich die Newarkerinnen und Newarker nach ein wenig exotischem Glamour sehnen. Und wie klingt „Kailasa“? Eben. Nach heimlichen Goldschätzen, mächtigen Bergen, zierlichen Frauen. Die City of Newark, 280 000 Menschen leben dort, hat sich also ohne großes Zögern für eine Verschwisterung mit der „Hindu-Nation“ Kailasa ausgesprochen. Sogar die Unterzeichnung eines Dokuments über den kulturellen Austausch fand im Rahmen einer Zeremonie statt.

Dann erst kam die Sache irgendwem komisch vor (der Name des einzigen Einwohners, der einzigen Einwohnerin, der oder die im Unterricht nicht geschlafen hat bzw. weiß, wie man eine Suchmaschine benutzt, ist uns leider nicht bekannt), eilig erklärte man das Dokument der Verschwisterung für nichtig. Dem Sender CBS sagten Newarks Verantwortliche: sicher, das sei schon peinlich, aber es sei kein Geld geflossen. Nun sei die Zeremonie „gegenstandslos und nichtig“, aber trotz allem sei man weiterhin entschlossen, sich mit Menschen verschiedener Kulturen zu verbinden. Aus Kailasa liegt keine Stellungnahme vor, was vielleicht auch nicht verwunderlich ist, da es erstens nicht existiert und zweitens sein Gründer und, na ja, Herrscher, ein gewisser Nithyananda, in Indien unter anderem wegen Sexualdelikten sofort verhaftet würde.

Apropos Sexual- und andere Delikte: Dürfen wir Donald Trump einen Tipp geben? Er könnte doch, um den Gerichten zu entgehen, das Mar-a-Lüge-Land gründen und einen hohen Zaun darum ziehen. In Mar-a-Lüge könnte er gesetzlich festlegen, dass alle ihn „King Trump den Superschlauen“ nennen, seinen Reden applaudieren und ihn beim Golfen gewinnen lassen müssen. Genug Bruder-Lügner und vielleicht auch die eine oder andere Schwester-Lügnerin ließen sich garantiert finden.

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