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Freizeit

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Von: Lisa Berins

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Nichts ist wirklich neu. Auch Farben und Perspektive gab es schon, bevor Giotto di Bondone sie in Fresken bannte – hier in der Scrovegni-Kapelle im italienschen Padua.
Nichts ist wirklich neu. Auch Farben und Perspektive gab es schon, bevor Giotto di Bondone sie in Fresken bannte – hier in der Scrovegni-Kapelle im italienischen Padua. © Christian Handl/Imago

Sie dürfen raten: Ist das Folgende von einem Menschen geschrieben? Oder von einer Maschine? Wir lehnen uns indessen zurück. Die Kolumne „Times mager“.

Noch können wir uns zurücklehnen. Wenn wir uns überhaupt irgendwann zurücklehnen können, dann jetzt: Wir, die „Content Creators“, die Textschaffenden, die Kunstschaffenden, wir lassen jetzt mal die Maschine ran. Die Leserinnen und Leser werden’s schon nicht merken, wenn hier eine KI schreibt, oder? Gut, außer sie nehmen es mit den Fakten ernst, aber hier wird es ohnehin keine Fakten geben. Wir, die menschlichen Content Creators, haben jetzt Pause. Das Ideen-Finden – wegdelegiert, das Inhalte-Generieren – outgesourct. Die Zeit, die uns als hauptberufliche natürliche Intelligenz noch bleibt, die können wir jetzt schon probeweise mit dem verbringen, was unser Schicksal sein wird: Freizeit.

Haben wir denn Angst vor Freizeit? Nein! Haben wir etwa keine Lust auf eine gepflegte Dosis Langeweile? Doch! Wir danken Chatbots und der KI dafür, dass sie in Sekundenschnelle Enormes ausspucken, wofür unser synaptischer Funkenflug viel zu schwach gewesen wäre. Nicht dass es ihn überhaupt nicht gäbe. Aber gegen eine Milliarden-Daten-Maschine stinken unsere grauen Zellen meist schon dramatisch ab.

Jetzt wird behauptet: KI kann keine Kunst. Das wäre tragisch, es würde uns wieder zum Arbeiten verdonnern. Die KI kann angeblich nichts Neues erfinden, weil sie nur aus ihren alten Daten etwas zusammenpanschen kann, und somit immer alles, was sie produziert, irgendwie alt bleibt.

Gut, also das körpereigene Betriebssystem schnell noch mal hochgefahren: Ist denn nicht nichts wirklich neu? Als ob der Mensch, und nur er allein, dazu fähig wäre, Neues zu erschaffen! Als hätte es keine Farben und keine Perspektive auf der Welt gegeben, bevor Giotto di Bondone sie in Fresken bannte - jetzt nur mal als Beispiel. Als sei Kunst an sich etwas Neues – und nicht einfach ein anderer Kontext, der durch einen natürlichen Algorithmus ins Bewusstsein projiziert wird. Ein Geistesblitz beim Spazierengehen oder beim Einschlafen: Er vernetzt zuvor unentdeckt existierende Informationen, puzzelt sie anders zusammen, ein ungewöhnliches Match, sozusagen. Was dabei herauskommt – ist das wirklich neu? Und wäre derselbe Vorgang mit einer immens größeren Datenmenge als Basis nicht potenziell „neuer“? Wahrscheinlich können wir noch einiges lernen. In unserer Freizeit.

Den Artikel noch mal überarbeiten?

Weiß nicht. Nein, schon okay.

Gut. Vielen Dank und eine schöne Pause. Redaktionelle Offenlegung: Dieser Text wurde von einem Menschen geschrieben. Bitte sehen Sie mögliche Fehler nach, wir sind stets bemüht, die geistige Software trotz allem auf dem aktuellen Stand zu halten.

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