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Eulenschlau

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Von: Sylvia Staude

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Frechheit, sie wieder aus der Bibliothek zu schmeißen.
Frechheit, sie wieder aus der Bibliothek zu schmeißen. © AFP

Eine Eule hat sich in einer Bibliothek verirrt und wollte nicht mehr raus. Das kann doch eigentlich niemanden wundern.

Die einen nannten sie „unverschämt“, die anderen „verwirrt“, alle haben ihre alten Griechen nicht aufmerksam gelesen und ihren „Harry Potter“ auch nicht: Eine Eule hatte in Decatur, Georgia, die Bibliothek eines Colleges betreten – etwas unkonventionell durch den Kamin, aber so muss sie es vor Wochen erst bei Santa Claus gesehen haben. Natürlich blieb sie, bezog einen Balken, machte es sich gemütlich, denn wenn jemand, Mensch oder Tier, in eine Bibliothek gehört, dann ja wohl eine Eule. Sie hat keiner Studentin den Leseplatz weggenommen, ein Balken genügte ihr völlig, dankeschön. Sie hat auch keinem Studenten ein Buch vor dem Schnabel, äh, der Nase weggeschnappt. Obwohl es sie bei „Harry Potter“ schon in den Flügelspitzen gekitzelt hat. Tagsüber dürfte sie sowieso geschlafen haben, das machen kluge Eulen so, weil sie selbstverständlich wissen, dass das Gehirn das Gelesene im Schlaf weiterverarbeitet.

Aber was taten die Verantwortlichen des Colleges? Sperrten die Bibliothek zu, bis die Studierenden maulten. Riefen einen „professionellen Falkner“. Was tat der? Er öffnete eine Türe weit und nahm einen langen Stock, um den Vogel zu verscheuchen (kein Kommentar, d. Red., war ja ein Profi). Hatte keinen Erfolg, stellte dann eine Falle mit einer Taube drin auf, versuchte es auch mit einer Wüstenspringmaus.

Frage: ist es die feine US-amerikanische Art, andere Spezies mit hineinzuziehen in den Schlamassel? Und hätte nicht offensichtlich sein müssen, dass es die Eule nach Wissen dürstete, nicht nach Wüstenspringmaus?

Man habe sowohl die Eule als auch die Menschen schützen wollen, gab die Universität zu Protokoll. Außerdem, dass es bereits der vierte Vogel-durch-Kamin-Vorfall sei. Vielleicht sollten die Verantwortlichen darüber nachdenken, eine Ausleihe einzurichten für die in Georgia offenbar besonders wissbegierigen Tiere.

Empfehlen möchten wir, Titel anzuschaffen, die Mensch und Eule interessieren und also die Diversität stärken. „Das geheime Leben der Eule“ zum Beispiel, das ebenso unter Spannungsliteratur eingeordnet werden kann wie „Eulen“, in dem Kanincheneulen gerettet werden müssen. „Kleine Eule ganz allein“ lehrt alle, dass Eichhörnchen, äh, nette Leute sind, denn es will der kleinen Eule helfen. Frosch auch, noch besser. Es gibt das Tagebuch von „Eule Eva“, „Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank“, das „Eulenglück“.

Die Eule von Decatur grübelt indessen, unfroh, wie zum Cruciatus-Fluch sie herausfinden kann, wie „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ ausgeht.

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