Duell

Vor 130 Jahren erlag Emil Hartwich seinen Duell-Verletzungen. Aber wer war Emil Hartwich?
Die Großmutter und neulich auch ein weiblicher Fahrgast im ÖPNV vertraten den Standpunkt, ein Duell sei besser als ein Krieg. Das stimmt auf die selbstverständlichste, die extrem auseinanderklaffende Opferzahl abwägende Weise. Auch hat man wohl das Gefühl, dass sich dabei endlich einmal die Richtigen gegenüberstehen. Es operiert aber auch mit einem Entweder-Oder, das seit Urzeiten wohl kaum mehr gegeben war: Dass sich nämlich entweder die kompletten Sippen mit Keulen hauten oder bloß die Anführer im „geordneten Zweikampf“. Seit einigen Hundert Jahren musste man stattdessen doch eher den Eindruck haben, die Duellanten seien dieselben, die in ihrer geistigen Grundhaltung auch beim nächsten Krieg allemal Hurra gerufen hätten.
Es ist überhaupt überraschend, wie es dieser Unart der Konfliktlösung gelungen ist, sich den Anschein von Noblesse zu geben: bis in die Generation hinein, die gut aussehenden Gentlemen mit Vatermörder im Fernsehen dabei zuschaute, wie sie in eleganter Haltung altmodische Handfeuerwaffen aufeinander richteten. Die Eleganz der Haltung war dem Bemühen geschuldet, möglichst wenig Volumen und damit Angriffsfläche zu bieten. Mancher Duellant brach vorab vor Angst zusammen, auch kam es zu fürchterlichen Verwundungen angesichts der dilettantischen Schützen. Gottlob geschah manchmal auch einfach nichts, eben darum.
Inspiration für Theodor Fontane
Aber wie kommen wir denn da jetzt nur drauf? Nicht nur, weil die ÖPNV-Benutzerin, die im gegenseitigen Herumschießen zwischen Männern eine Art von Sinn erblickte, ganz jung und von heute war, sondern auch, weil vor genau 130 Jahren der Amtsrichter Emil Hartwich (43) den Unterleibsverletzungen erlag, die ihm der Baron von Ardenne drei Tage zuvor beim Duell zugefügt hatte. Keiner würde mehr davon sprechen, hätte nicht Theodor Fontane sich durch den Vorfall zu seinem Roman „Effi Briest“ anregen lassen. Hartwichs Beziehung zur Gattin des Barons von Ardenne erstreckte sich über Jahre, beide waren unglücklich verheiratet, musisch interessiert. Hartwich trat außerdem für unsere Begriffe etwas penetrant mit Schriften über die körperliche Ertüchtigung der Jugend hervor, aber das war damals eher ein Zeichen von Fortschrittlichkeit.
Der Baron von Ardenne, ein erzkonservativer Mann, musste nach dem Duell zwei Jahre ins Gefängnis, von denen er 18 Tage abgesessen haben soll, liebevoll bekocht (Karpfen blau) und in Gesellschaft weiterer illustrer Duellanten sowie eines Jägers, der einen Wilddieb erschossen hatte. Das verstand man zweifellos unter guter Gesellschaft, und der Baron war es auch zufrieden.