Diskurs

Auch die Straße ist ein Diskursraum. Noch gibt es allerdings Optimierungsbedarf im kommunikativen Handeln, das gelegentlich im Krankenhaus endet.
Als kollektiver Vorposten zivilisatorisch gereiften Umgangs wissen Sie, die Leserinnen und Leser dieser Zeitung, natürlich längst Bescheid. Aber lassen Sie es uns noch einmal gemeinsam aufsagen: Nichts trägt zur Lösung spontan auftauchender oder auch langanhaltender Interessenkonflikte besser bei als ein gepflegter Austausch, also kommunikatives Handeln in Form des öffentlichen oder auch privaten Diskurses.
Nun werden hier und da Befürchtungen laut, dass dieses Kernelement demokratischen Ausgleichs zunehmenden Gefahren ausgesetzt sei, und das nicht nur im internationalen Maßstab. In einer auf Konkurrenz, individuellen Vorteil und Entsolidarisierung getrimmten Gesellschaft, so wird gemunkelt, suche jede und jeder für sich die Überholspur, solidarisches Aushandeln im Interesse des Gemeinwohls komme, um im Bild zu bleiben, mehr und mehr unter die Räder.
Aber ist das wirklich so? Schauen wir, wenn schon Räder und Überholspur, auf den Straßenverkehr als Leitbild individueller Freiheit und kollektiver Gesetzmäßigkeit, und nehmen wir zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.
Erstens: Auf einer Straße in Frankfurt am Main haben Fahrräder Vorfahrt vor Autos, wofür ein allgemeiner Konsens natürlich nicht vorausgesetzt werden kann. Dies machte ein motorisierter Verkehrsteilnehmer laut Zeugenaussagen dadurch deutlich, dass er einen Radfahrer zunächst überholte, was Letzterer „nicht unkommentiert ließ“ (Diskurs!). Worauf der Autofahrer ausstieg, das E-Bike auf die Straßenbahnschienen schleuderte und dann wieder losfuhr, um den nun Radlosen so anzufahren, dass er über Kühlerhaube und Windschutzscheibe flog und sich verletzte.
Nun kann zugestanden werden, dass der Autofahrer durch sein Anhalten immerhin einen Diskursraum öffnete und zugleich für eine weitere Entschleunigung des Verkehrsgeschehens sorgte. Andererseits weckt die Form seines kommunikativen Vorgehens natürlich den einen oder anderen Zweifel.
Ganz ähnlich auf der Autobahn A5, wo zwei Autofahrer auf den linken Spuren anhielten, um sich über ihren Streit bezüglich eines Überholmanövers auszutauschen. Dabei soll es auch zu einem Schwitzkasten gekommen sein, das geht natürlich nicht. Andererseits verfügt dieser Abschnitt über vier Fahrstreifen pro Richtung, was dem noch fließenden Verkehr immer noch einige Möglichkeiten offenließ, und ein fünfspuriger Ausbau würde die Sache in Zukunft zusätzlich erleichtern.
Wo waren wir stehengeblieben? Zusammenfassend lässt sich sagen, dass an der Praxis kommunikativen Handelns hier und da noch Optimierungsbedarf besteht. Kommen Sie gut in den Osterurlaub!